LEIPZIG. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Disziplinarmaßnahme des Bundesnachrichtendienstes (BND) gegen den Politikwissenschaftler und früheren Geheimdienst-Ausbilder Martin Wagener für rechtmäßig erklärt. Der BND hatte den Professor im Mai 2024 wegen seines Buches „Kulturkampf um Volk. Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen“ mit einer Kürzung seiner Dienstbezüge um zehn Prozent für die Dauer von zwei Jahren belegt. Die Behörde warf Wagener vor, in dem Buch deutsche Staatsbürger mit ausländischen Wurzeln herabzuwürdigen und damit gegen die sogenannte Wohlverhaltenspflicht eines beamteten Professors zu verstoßen. Wagener wies den Vorwurf zurück und klagte gegen die Disziplinarmaßnahme.
In seiner Mitteilung zum Urteil nahm das Gericht konkret auf eine Passage im Buch Bezug, in der Wagener folgendes schreibt: „Tabuisiert werden soll eine simple Tatsache: Özil, Gündogan und Can sind Türken mit einem deutschen Paß, die für Deutschland spielen bzw. spielten, weil sie in dieser Mannschaft größere Erfolgschancen auf den Europa- oder Weltmeistertitel haben. (…) Alle drei werden aber in ihrem Herzen zuvörderst Türken bleiben.“ Mit dieser Stellungnahme und weiteren Ausführungen positioniere sich der Politikwissenschaftler in einer Weise, „die das Vertrauen seines Dienstherrn und der Studenten beeinträchtigt, daß er seinem dienstlichen Auftrag und der damit verbundenen Vorbildfunktion gerecht wird“.
Landgericht Frankfurt entschied pro Wagener
Dagegen stellte das Gericht fest, daß Wageners Ausführungen in dem Buch zum ethnisch-kulturellen Volksbegriff keine Verletzung der beamtenrechtlichen Verfassungstreuepflicht darstellten. Seine Aussagen zum ethnisch-kulturellen Volksbegriff seien ausschließlich sozialwissenschaftlich-deskriptiv, ihnen könne nicht die Forderung nach einer rechtlichen Ungleichbehandlung deutscher Staatsangehöriger entnommen werden. Dies habe auch der BND bereits zutreffend erkannt.
Zu einem ähnlichen Schluß war Ende August bereits das Landgericht Frankfurt gekommen, das in dem Werk zwar „rechtskonservative bis rechtsnationale“ Tendenzen erkannte, die Aussagen in der Gesamtschau aber als von der Meinungsfreiheit gedeckt einstufte (JF berichtete). In dem Verfahren hatte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels gegen Wageners Verlag geklagt und die Rückzahlung eines Druckkostenzuschusses gefordert, den der Verlag aus einem Bundesförderprogramm für das Buch erhalten hatte. Das Landgericht Frankfurt wies die Klage des Börsenvereins ab und entschied für Wageners Verlag.
Wagener hat seit 2012 eine Professur am Fachbereich Nachrichtendienste der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung inne. Dort hatte er auch die Aufgabe, den Nachwuchs des BND zu schulen. Nach der Veröffentlichung seines Buches entzog ihm der BND jedoch 2022 den Sicherheitsbescheid und stellte ihn bei laufenden Bezügen bis heute von seiner Lehrtätigkeit frei (JF berichtete). (dh)