BERLIN/KÖLN. Der bisherige Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Sinan Selen, wird offenbar zum Präsidenten befördert. Darauf haben sich laut übereinstimmenden Medienberichten die Vertreter von Union und SPD in der Bundesregierung geeinigt. Demnach will Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) die BfV-Spitze heute über die Neubesetzung informieren. Am Mittwoch soll das Bundeskabinett die Entscheidung formal vollziehen.
Damit endet eine Vakanz von mehr als zehn Monaten. Im November 2024 mußte der bisherige Präsident Thomas Haldenwang in Urlaub gehen, weil er sich entschied, für die CDU bei der Bundestagswahl zu kandidieren. Mit Beginn dieses Jahres wurde er endgültig in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.
Parteienstreit um Verfassungsschutz
Seitdem war ein Parteienstreit um die Position an der Spitze des Verfassungsschutzes entbrannt. Die CDU/CSU favorisierte den früheren Ständigen Bevollmächtigte des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) im Bundestag, Arne Schlatmann. Er gehörte unter den Innenministern Wolfgang Schäuble und Thomas de Maizière (beide CDU) deren Leitungsstäben an. Bei Hans-Peter Friedrich (CSU) fungierte er als dessen Büroleiter. Als Notlösung und Favorit der SPD galt immer Sinan Selen (die JF berichtete).
Der in Istanbul geborene Selen verantwortete auch das Gutachten über die AfD, das die damalige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) an ihrem letzten Arbeitstag vorstellte und das die Partei als „gesichert rechtsextrem“ einstuft. Der 53jährige wird der erste Chef des Inlandsgeheimdienstes, der nicht in Deutschland geboren ist. 1976 kam der vierjährige Sohn türkischer Einwanderer nach Deutschland und wuchs in Köln auf. Seit 2019 war er Verfassungsschutz-Vizepräsident. Zuvor war er unter anderem im Bundeskriminalamt, im Bundesinnenministerium und für den TUI-Konzern tätig.
Selen gab türkische Staatsbürgerschaft ab
Nach wiederholten Anfeindungen, Selen würde verdeckt für die Türkei arbeiten, so berichtet das Polit-Portal Table Briefings, habe er schließlich die türkische Staatsangehörigkeit abgegeben.
Haldenwang hatte im November 2024 angekündigt, für die CDU in Wuppertal zu kandidieren. Bei der Wahl im Februar unterlag er aber dem SPD-Kandidaten Helge Lindh. Da Haldenwang nicht über die Landesliste der CDU in Nordrhein-Westfalen abgesichert war, zog er nicht in den Bundestag ein. (fh)