BERLIN. Bundeskanzler Friedrich Merz hat die SPD aufgefordert, künftig „migrationskritisch“ und „industriefreundlich“ zu werden. „Dann hat diese Partei auch eine Chance, in der Regierung Tritt zu fassen, mitzumachen und die Reformen dieses Landes in die richtige Richtung zu bringen“, sagte Merz laut der Nachrichtenagentur dpa am Sonnabend auf einem Landesparteitag der CDU in Niedersachsen.
„Ich bin mit dem, was wir bis jetzt geschafft haben, nicht zufrieden. Das muß mehr werden“, zeigte sich der CDU-Chef selbstkritisch. Steuererhöhungen, wie sie zuletzt Finanzminister und SPD-Chef Lars Klingbeil ins Spiel gebracht hatte, lehnte Merz teilweise ab. „Mit dieser Bundesregierung unter meiner Führung wird es eine Erhöhung der Einkommenssteuer für die mittelständischen Unternehmen in Deutschland nicht geben“. Allerdings läßt diese Äußerung auch Spielraum, andere Steuern zu erhöhen.
Kritik am Bürgergeld
Scharfe Kritik äußerte der Kanzler am Zustand der deutschen Sozialsysteme. „Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar.“ Auch mit dem Bürgergeldsystem zeigte er sich unzufrieden. „Es kann so nicht bleiben. 5,6 Millionen Menschen leben im Bürgergeld, davon Millionen Aufstocker.“ Obwohl viele Sozialleistungsempfänger arbeiten könnten, täten sie es nicht. „Was ist eigentlich mit diesem System los?“, fragte Merz.
Die Mehrheit der Bürgergeldzahlungen geht mittlerweile an Ausländer und andere Migranten. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) zeigte bisher allerdings keine Bereitschaft, eine Reform des Bürgergeldes voranzutreiben. Zuletzt war bekannt geworden, daß die Unzufriedenheit mit Merz und seiner Regierung weiter gestiegen war (JF berichtete). Auch laut aktuellen Sonntagsfragen hat das Bündnis aus CDU, CSU und SPD keine Mehrheit mehr.

(ho)