ROSTOCK/MAGDEBURG. Ein bislang unbekanntes Schreiben der Kriminalpolizeiinspektion Rostock hat neue Zweifel am Behördenhandeln im Fall des Amokfahrers von Magdeburg geweckt. Eine Bericht zufolge empfahl das Rechtsmedizinische Institut der Universität Rostock bereits im Mai 2013 die „sofortige Einweisung“ des saudischen Täters Taleb al-Abdulmohsen in eine Klinik.
Hätte man diese Empfehlung damals umgesetzt, wäre die spätere Bluttat womöglich zu verhindern gewesen. Al-Abdulmohsen war am 20. Dezember 2024 mit einem gemieteten BMW X3 über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg gerast. Sechs Menschen kamen ums Leben, mindestens 333 wurden verletzt.
Bereits Jahre zuvor war der Mann in Mecklenburg-Vorpommern mehrfach psychisch auffällig geworden, und hätte bereits in eine Klinik eingewiesen werden sollen, wie die Welt enthüllte. 2013 hatte er Ärztekammer-Mitarbeiter bedroht und sich dabei auf den Anschlag beim Boston-Marathon bezogen. In seiner Wohnung fand die Polizei Anabolika, Cortison und das Schmerzmittel Tramadol, zudem nahm er Psychopharmaka. Trotz dieser Hinweise schritten die Behörden nicht ein. Der zuständige Landkreis verweist heute auf Schweigepflicht und Datenschutz. Warum Al-Abdulmohsen nicht aus dem Verkehr gezogen wurde, bleibt ungeklärt.
Für Prozeß gegen Magdeburg-Täter wird Halle errichtet
Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg hat die Ermittlungen inzwischen abgeschlossen und will bald Anklage erheben – wegen Mordes in sechs Fällen und versuchten Mordes in mehr als 300 Fällen. Für den Mammut-Prozeß wird in Magdeburg eigens eine 5000 Quadratmeter große Halle errichtet. Die Kosten sollen bis zu fünf Millionen Euro betragen.
Die Justizministerin von Sachsen-Anhalt, Franziska Weidinger (CDU), verteidigte die Ausgaben mit Verweis auf die Rechte der Opfer und die Sicherheit aller Beteiligten. Kritik kommt unterdessen von Opferanwälten, die eine Beschränkung der Nebenklage für „höchst unsensibel“ halten. (rr)