BERLIN. Nach nicht einmal hundert Tagen, die am Donnerstag voll gemacht werden, steckt die schwarz-rote Koalition in einer schweren Krise. Laut einer Forsa-Umfrage ist die AfD inzwischen stärkste Partei. Vor diesem Hintergrund rief Bundeskanzler Friedrich Merz am Dienstagabend überraschend enge Vertraute aus der CDU-Spitze ins Kanzleramt.
Dazu zählten unter anderem die drei Parteilinken, Bildungsministerin Karin Prien, Agrarstaatssekretärin Silvia Breher und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Außerdem kamen Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sowie CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hinzu. Auffällig: Der schwer angeschlagene Unions-Fraktionschef Jens Spahn soll nicht dabei gewesen sein.
Bis nach Mitternacht saßen die Spitzenpolitiker zusammen. Am Mittwochmorgen hieß es aus dem Kanzleramt, der Regierungschef habe sich lediglich im Vorfeld der Videoschaltkonferenzen zur Ukraine mit US-Präsident Donald Trump mit den CDU-Politikern aus seinem Führungsumfeld austauschen wollen. Er hole sich immer mal wieder Rat zu wichtigen politischen Fragen.

Regierungssprecher bestreitet „Krisentreffen“
Unter Berufung auf Teilnehmer berichten die dpa und die Bild-Zeitung jedoch, daß das Sextett zusammengekommen sei, um die krisenhafte Lage der Partei und der Koalition zu besprechen. Unter den Gesprächsthemen soll auch die zuletzt gescheiterte Wahl der Richter zum Verfassungsgericht gewesen sein.
Darüber hinaus habe die CDU-Spitze die nicht erfolgte Senkung der Stromsteuer für alle, die zunächst von der Union im Wahlkampf und dann auch im Koalitionsvertrag versprochen wurde, diskutiert. Es soll vor allem auch um Merz‘ einsame Entscheidung, Rüstungsgüter an Israel nicht mehr uneingeschränkt zu liefern, gegangen sein. Dies hatte in CDU und CSU Entsetzen ausgelöst. Die SPD dagegen bedankte sich, daß der Kanzler ihre Forderung erfüllt habe.
Union und SPD kommen zusammen laut der jüngsten Umfrage nur noch auf 37 Prozent der Stimmen. Tatsächlich wollte Merz laut den Medien-Berichten auch besprechen, wie er die Stimmung in der Bevölkerung drehen kann. Regierungssprecher Stefan Kornelius bestritt, daß es sich um ein „Krisentreffen“ gehandelt habe. (fh)