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„Ungeheuerlich“: Rückzug von Brosius-Gersdorf sorgt für harsche Reaktionen

„Ungeheuerlich“: Rückzug von Brosius-Gersdorf sorgt für harsche Reaktionen

„Ungeheuerlich“: Rückzug von Brosius-Gersdorf sorgt für harsche Reaktionen

Frauke Brosius-Gersdorf
Frauke Brosius-Gersdorf
Reputation des Verfassungsgerichts beschädigt? Der Abgang von Frauke Brosius-Gersdorf wird unterschiedlich kommentiert. Foto: IMAGO / Future Image
„Ungeheuerlich“
 

Rückzug von Brosius-Gersdorf sorgt für harsche Reaktionen

Die einen freuen sich, die anderen sind entgeistert: Die Entscheidung von Frauke Brosius-Gersdorf, nicht mehr für das Verfassungsgericht zu kandidieren, führt zu gegensätzlichen Reaktionen. Vor allem die Grünen sind empört.
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BERLIN. Der Rückzug Frauke Brosius-Gersdorfs von ihrer Kandidatur für das Bundesverfassungsgericht hat am Donnerstag kontroverse Reaktionen ausgelöst. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Stephan Brandner, nannte die Entscheidung längst überfällig.

Es habe „nicht nur die Reputation dieser Professorin gelitten, sondern auch die des Bundesverfassungsgerichts“. Zugleich rief er „die Vernünftigen in diesem Land“ dazu auf, sich verstärkt mit Ann-Katrin Kaufhold zu befassen, einer anderen Kandidatin für das Verfassungsgericht. Auch sie sei „vollkommen untragbar“.

Erleichtert zeigte sich auch die Chefin des Lebensschutzvereins Alfa, Claudia Kaminski. „Die entschlossene und zugleich breite Kritik der Alfa, zahlreicher weiterer Lebensrechtsorganisationen sowie vieler Parlamentarier hat maßgeblich dazu beigetragen, daß die CDU/CSU-Fraktion ihre Unterstützung für die Kandidatin zurückgezogen hat“, betonte sie gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. „Wenn die berechtigten Sorgen einer großen Zahl von Bürgerinnen und Bürgern von den gewählten Vertretern ernst genommen werden, funktioniert die demokratische Kontrolle.“

Erleichterung unter Lebensschützern

Auch der Vorsitzende des Lebensschutzvereins 1000plus, Kristijan Aufiero, zeigte sich erfreut. „Es ist eine gute Nachricht, dass Frauke Brosius-Gersdorf nicht Richterin am Bundesverfassungsgericht wird. Darüber geht ein großes Aufatmen durch das Land bei all jenen, denen Schwangere in Not und ihre ungeborene Kinder am Herzen liegen“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. „Vor dem Hintergrund der Einlassungen Brosius-Gersdorfs zu den Themen Lebensschutz und Menschenwürde sollte man nun auch kommenden Personalvorschlägen für dieses hohe Richteramt besondere Aufmerksamkeit widmen“, mahnte Aufiero.

Klar sei aber auch, daß „die Versuche, das Lebensrecht ungeborener Kinder zu relativieren“, weitergehen würden. „Die Aufmerksamkeit von 1000plus richtet sich deshalb nun auf weitere Dammbrüche, mit denen Abtreibungs-Aktivisten ihre Agenda massiv vorantreiben“, kündigte der Lebensschützer an.

Unionsfraktionschef Jens Spahn zollte Brosius-Gersdorf „größten Respekt“. Die Juristin genieße für ihre juristische Expertise und persönliche Integrität „zu Recht hohe Anerkennung“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Union verurteile „herabsetzende und beleidigende Kritik“, die es an der Professorin gegeben habe. „Ich bedauere, daß diese Lage auch durch die zu späte Ansprache unserer inhaltlichen Bedenken entstehen konnte.“

SPD sieht „alarmierendes Signal“

Von einem „alarmierenden Signal“ sprach dagegen der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch – „nicht nur für die politische Kultur, sondern auch für die Unabhängigkeit unserer Institutionen“. Die Potsdamer Professorin sei „Ziel einer beispiellosen Kampagne geworden“, klagte Miersch. „Daß es am Ende keine Mehrheit gab, lag allein an der kategorischen Ablehnung durch Teile der CDU/CSU-Fraktion, obwohl die Union der Einigung ursprünglich zugestimmt hatte.“

Vizekanzler und SPD-Chef Lars Klingbeil rief die Union auf, dringend aufzuarbeiten, „was da passiert ist“. Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach kritisierte, „die Kampagne der Rechtspopulisten“ sei erfolgreich gewesen.

Grüne greifen Spahn an

Auch die Grünen zeigten sich entsetzt. „Es ist absolut inakzeptabel und ungeheuerlich, daß eine so angesehene Juristin von CDU und SPD für das Bundesverfassungsgericht während dieses Verfahrens von Lügen, Desinformationen und einer hetzerischen Kampagne derart getroffen wurde“, klagten die Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge und Britta Haßelmann am Donnerstag.

Der stellvertretende Fraktionschef Andreas Audretsch warf Unionsfraktionschef Spahn vor, er habe die Koalition „in weniger als 100 Tagen an einen rechtsextremen Mob verkauft“. Der grüne Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen attestierte CDU und SPD, Brosius-Gersdorf „der Hetze preisgegeben“ zu haben.

Künast: Union will sich Staat zur Beute machen

Parteichefin Franziska Brantner notierte als Ergebnis: „1 zu 0 für die Gegner demokratischer Prozesse.“ Die ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Renate Künast behauptete, die Union wolle sich „den Staat und das Bundesverfassungsgericht zur Beute“ machen. „Für mich sind CDU/CSU mit Blick auf den demokratischen Rechtsstaat Gefährder!“ Der Linken-Abgeordnete Dietmar Bartsch nannte den Rückzug Brosius-Gersdorfs „bitter“.

Auch der frühere FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle übte scharfe Kritik an den Unionsparteien. „Eine hochqualifizierte Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht aus der bürgerlichen Mitte wurde systematisch kaputt gemacht, weil die Union sich einem hemmungslosen Kulturkampf hingibt, der Pragmatismus und Kompromißbereitschaft zerstören will“, schrieb er bei X. Dagegen mahnt das FDP-Bundesvorstandsmitglied Jens Teutrine, es trage zum Erfolg „des AfD-Playbooks“ bei, wenn man jede abweichende Position „als Teil einer rechten Kampagne“ darstelle. (ser)

Reputation des Verfassungsgerichts beschädigt? Der Abgang von Frauke Brosius-Gersdorf wird unterschiedlich kommentiert. Foto: IMAGO / Future Image
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