BERLIN. Die Grundsteuerbelastung in Deutschland hat sich für die meisten Immobilieneigentümer seit dem 1. Januar 2025 drastisch erhöht. Mit dem Inkrafttreten der Steuerreform zum Jahreswechsel stieg die Abgabe in 79 Prozent der Fälle oder blieb beinahe konstant, wie aus einer Erhebung des Eigentümerverbands „Haus & Grund“ hervorgeht. Lediglich bei 21 Prozent der für die Studie ausgewerteten Grundsteuerbescheide sank die Steuerlast der Eigentümer. Lag die Grundsteuerbelastung 2024 im Mittel noch bei 522 Euro, hat sie sich 2025 im Flächenmodell auf 847 Euro erhöht – ein Zuwachs von über 62 Prozent.
Betrachtet man den Wohnraum, haben sich bei Eigentumswohnungen die Grundsteuerpreise 2025 gegenüber 2024 durchschnittlich um 96 Prozent erhöht. Bei Mehrfamilienhäusern liegt der Anstieg im Durchschnitt bei 143 Prozent und bei Ein- und Zweifamilienhäusern bei 139 Prozent, wobei letztere die meisten Eigentümer betrafen. Steuersenkungen gab es dagegen im Schnitt nur bei 24 Prozent der Wohnungen, 22 Prozent der Mehrfamilienhäuser sowie 19 Prozent der Ein- und Zweifamilienhäuser.
Staat kassiert mehr Einnahmen als vor der Reform, Wohnen wird verteuert
In der Fläche erhöhten viele Gemeinden den sogenannten Hebesatz, also den Faktor, mit dem die Kommunen die Grundsteuermeßbeträge des Finanzamts multiplizieren, um die tatsächliche Steuerlast festzulegen. In mehr als zwei Dritteln der Fälle wurde der Hebesatz von 2024 auf 2025 demnach angehoben. Gesenkt wurde er nur in 21 Prozent der Fälle, unverändert blieb er bei neun Prozent. Die Hebesatzentwicklung wirkt als zusätzlicher Belastungstreiber und ermöglicht dem Staat gleichzeitig höhere Einnahmen.
Der Verbandsvorsitzende von „Haus & Grund“, Kai Warnecke, empörte sich im Gespräch mit der Bild: „Die Städte sind Kostentreiber Nummer eins und machen Wohnen teuer.“ Er verlangte von der neuen Bundesregierung eine „Kurskorrektur“, da die bisherige Politik ihr Versprechen gebrochen habe. „Die Reform ist nicht aufkommensneutral“, resümierte der Verbandschef.
In einem Pressestatement fand Warnecke ebenfalls für die neuen Vorhaben einer neuen Bundesregierung aus Union und SPD kritische Worte: „Der Koalitionsvertrag enthält zwar einige richtige Ansätze, insgesamt aber ist er ein Rückschritt für das Bauen und Wohnen in unserem Land. Ob Verlängerung und Verschärfung der Mietpreisbremse oder neue Einschränkungen bei Modernisierungsmieterhöhungen – das sind allesamt alte Forderungen, die sich bereits als wirkungslos oder kontraproduktiv erwiesen haben.“
Gebrochene Versprechen der Reformdebatte 2019
Hintergrund: Die Grundsteuerreform brachte der Bundestag noch unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf den Weg. Der damalige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) betonte 2019, das Steueraufkommen solle durch die Reform nicht steigen, obwohl es riesige Wertsteigerungen gegeben habe: „Deshalb haben wir uns bei der Entwicklung dieser Steuer sehr viel Mühe gegeben, sicherzustellen, daß das nicht passiert. Es wird einfacher, es wird digitalisierbar, und es wird nicht zu einer Erhöhung des Steueraufkommens kommen.“
Während die Grünen die Reform damals ebenso als einen „Schritt in die richtige Richtung“ lobten, forderte die AfD bereits die Abschaffung der Grundsteuer. Statt einer von Bürokratie überbordenden Steuer solle für die Kommunen eine lokale Einkommenssteuer auf die Bemessungsgrundlage eingeführt werden, argumentierte 2019 der AfD-Abgeordnete Albrecht Glaser.
Für die aktuelle Studie von „Haus & Grund“ wurden insgesamt 1.999 Grundsteuerbescheide ausgewertet. 53 Prozent waren dabei Ein- oder Zweifamilienhäuser, 27 Prozent Mehrfamilienhäuser und 20 Prozent Eigentumswohnungen. Die Erhebung zeige, daß die Bemessungsgrundlagen „Bundesmodell“ und „Flächenmodell“ keinen statistisch signifikanten Unterschied für die Steuerveränderung machten. Die im Flächenmodell leicht höhere durchschnittliche Belastung gehe vor allem auf die gestiegenen Hebesätze zurück. Beim Bodenwertmodell, das strukturell zu einer höheren Belastung führe, gingen die Hebesätze im Durchschnitt zurück. (rsz)