LEIPZIG. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Dienstag geurteilt, daß der Bundesnachrichtendienst (BND) seine Erkenntnisse zum Ursprung des Coronavirus nicht der Presse mitteilen muß. Hintergrund ist ein vorangegangener Eilantrag des Axel-Springer-Verlags, der vom BND erfahren wollte, ob der Geheimdienst Einwände gegen eine Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums über die ermittelten Erkenntnisse zum Ursprung der Pandemie habe. Zuletzt hatte das Parlamentarische Kontrollgremium die Bundesregierung dazu aufgefordert, ihre Erkenntnisse und Theorien in der Sache mit der Öffentlichkeit zu teilen.
Der Springer-Verlag behauptete in dem Antrag, der BND habe bereits 2020 Informationen über den Ursprung des Coronavirus gehabt und beiden Bundesregierungen diese auch mitgeteilt. Unter anderem wollte der Medienkonzern wissen, ab wann der BND das Bundeskanzleramt informiert habe und ob der Geheimdienst Einwände gegen eine Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums gehabt habe. Auch wollten die Antragsteller erfahren, ob der BND seine Erkenntnisse als Verschlußsache „geheim“ eingestuft habe.
Gericht sieht Verhältnis zu China in Gefahr
Das Bundesverwaltungsgericht begründete die Ablehnung des Antrags mit „privaten oder öffentlichen Interessen“, die in diesem Fall stärker wiegen als das Grundrecht auf Pressefreiheit. Der BND habe „plausibel dargelegt, daß die Auskünfte seine Funktionsfähigkeit und die auswärtigen Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen können“. Mit einer Veröffentlichung der Akten wäre es laut der Behörde möglich, Rückschlüsse auf deren Quellen zu ziehen. Außerdem seien „in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht erhebliche Auswirkungen auf die diplomatischen Beziehungen zur Volksrepublik China und damit auf auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland“ zu erwarten gewesen.
Mitte März war publik geworden, daß der BND bereits kurz nach Beginn der Corona-Pandemie herausgefunden hatte, daß das damals neuartige Virus höchstwahrscheinlich aus einem chinesischen Labor in Wuhan stammt. Die Erkenntnisse rechnete der Geheimdienst mit Virologen und Mathematikern durch und folgerte, daß die Wahrscheinlichkeit für den Laborursprung bei 80 bis 95 Prozent liegt, wie Zeit und Süddeutsche Zeitung nach einer laut eigenen Angaben anderthalbjährigen Recherche zuerst berichteten.