BERLIN. Die Bundestagsfraktion der Linken versinkt im Chaos. Nach dem angekündigten Rücktritt der Fraktionschefin Amira Mohamed Ali brechen allen Dämme. In Interviews beschimpfen sich die Abgeordneten gegenseitig. Der frühere Parteichef Klaus Ernst sprach jetzt von „einer großen Truppe politikunfähiger Clowns“.
Er meint damit die Mehrheit der Fraktion, die sich vor allem Genderfragen, Identitätspolitik und Migration hinwendet. Ernst kritisierte, Themen wie Arbeitsbedingungen, Löhne, Renten oder Bildung stünden nicht mehr im Mittelpunkt: „Es gibt Leute in der Partei, deren Kontakt zur Arbeit sich darauf beschränkt, daß sie mal als Schüler oder Student ein Regal bei Aldi eingeräumt haben.“
Damit meinte er den Vorstand und Teile der Basis. Unter diesen Bedingungen habe Mohamed Ali den Fraktionsvorsitz nicht mehr übernehmen und kein Feigenblatt mehr sein wollen, sagte Ernst. Er gehört wie die scheidenden Fraktionschefin dem Flügel um Sahra Wagenknecht an.
Linken-Abgeordnete für Wagenknecht-Partei
Auch die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen beschwerte sich massiv über die Parteiführung. Diese setze „auf Ausgrenzung all derjenigen, die sich für eine Politik für die Mehrheit der Bevölkerung statt für eine schrumpfende Gruppe von Sektenanhängern einsetzen“. Offen sprach sie gegenüber den Funke-Zeitungen über die Gründung einer neuen von Wagenknecht ins Spiel gebrachten Partei: „Ein solches politisches Angebot hätte auch das Potential, die AfD zu dezimieren.“
Die Linke war bei Bundestagswahl 2021 an der Fünfprozenthürde gescheitert und nur über drei gewonnene Direktmandate ins Parlament eingezogen. Treten nur drei Abgeordnete aus der Fraktion aus, verliert sie ihren Status und wird zur „Gruppe“ herabgestuft, die deutlich weniger parlamentarische Rechte genießt. Ob dann noch Bundestagsvizepräsidenten Petra Pau im Amt bleiben kann, ist fraglich. (fh)