BERLIN/HANNOVER. In der CDU, die bisher als Bastion gegen ein allgemeines Tempolimit galt, mehren sich die Stimmen, eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 Stundenkilometern auf deutschen Autobahnen einzuführen. Doch ausgerechnet Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erteilt solchen Plänen eine deutliche Absage.
Die niedersächsische CDU-Fraktion ist die erste, die nun mit dem jahrzehntealten Tabu ihrer Partei gebrochen hat. „Ein temporäres Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen darf nicht länger kategorisch ausgeschlossen werden“, sagte Fraktionschef Dirk Toepffer. Die Union befindet sich als Juniorpartner mit der SPD von Ministerpräsident Stephan Weil in einer Großen Koalition.
Am 9. Oktober werden die Niedersachsen einen neuen Landtag wählen. Notfalls mit Hilfe der Grünen möchte die CDU den nächsten Ministerpräsidenten stellen. Dafür bringt man sich offenbar bereits jetzt in Stellung. Seinen Vorstoß begründete Toepffer indes mit der Krise am Energiemarkt: „In schwierigen Zeiten darf es innerhalb der CDU keine Denkblockaden mehr geben.“ Er spüre deutlich, daß sich in seiner Fraktion etwas beim Thema Tempolimit bewege.
Ministerpräsident Weil kann sein Glück kaum fassen. Er freue sich „über die neue Aufgeschlossenheit aus den Reihen des Koalitionspartners“. Zwar sei er selbst unabhängig von der Energieknappheit für eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung, aber ein vorübergehendes Tempolimit biete „die Chance, davon auch Skeptiker zu überzeugen“.
Auch NRW-CDU offen für Tempolimit
In der nordrhein-westfälischen CDU, derzeit bereits in einer Koalition mit den Grünen, sind Abgeordnete ebenfalls bereit, eines der letzten schwarzen Kernthemen über Bord zu werfen. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Klaus Voussem, sagte kürzlich der Welt auf eine entsprechende Anfrage, neben einem „leistungsfähigen Straßennetz“ und einer „intelligenten Verkehrslenkung“ benötige man auch „innovative Ideen, die den Bürgerinnen und Bürgern helfen und die Umwelt schonen“. Voussem verwies allerdings darauf, daß über ein Tempolimit auf Bundesebene entschieden werden müsse.
Und dies hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gestern Abend klar abgelehnt. In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ antwortete der Kabinettschef während des sogenannten „Sommerinterviews“ auf eine entsprechende Frage zum Tempolimit: „Das hat diese Regierung nicht vereinbart, und deswegen kommt es auch nicht.“ Hintergrund: Die FDP hatte während der Ampel-Verhandlungen ein Tempolimit entschieden abgelehnt. Trotz Drängens von SPD und Grünen fand es daher keine Aufnahme in den Koalitionsvertrag. (fh)