BERLIN. Mehrere Ökonomen haben vor einer Aufweichung der Schuldenbremse aus Klimaschutz-Gründen gewarnt. „Meistens wird unterschlagen, daß der Großteil der Transformation zur Klimaneutralität von privaten Investitionen geleistet werden muß. Den Unternehmen diese durch staatliche Unterstützung zu erleichtern, sollte man als das benennen, was es ist: Eine Subventionierung der Industrie zulasten der Steuerzahler“, sagte der frühere Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, am Dienstag der Rheinischen Post.
Die Schuldenbremse habe sich in der Corona-Krise bewährt, verdeutlichte der Freiburger Ökonom. „Die Rückkehr zu ihrer Regelgrenze wird spätestens im Jahr 2023 möglich sein, ohne finanzpolitische Verwerfungen auszulösen. Die Schuldenbremse behindert weder die notwendigen Maßnahmen für den Klimaschutz noch öffentliche Investitionen allgemein.“
Hoffnung auf Schuldenbremse, „um solchen finanzpolitischen Unfug einzuschränken“
Grünen-Chef Robert Habeck hatte zuvor gemahnt: „Wenn wir blind an den strikten Schuldenregeln festhalten, schnürt dies das Land ein.“ Für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung brauche der Staat mehr Spielraum, forderte er gegenüber der Funke-Mediengruppe. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte in einer Regierungserklärung nach der Flutkatastrophe Mitte Juli gesagt, man müsse „generell überlegen, wie wir Klimaschutz als Daueraufgabe mit der Schuldenbremse in Einklang bringen können“.
Feld kritisierte dies nun scharf. „Herr Söder hat aber vielleicht noch eher seine teuren sozialpolitischen Versprechen, wie eine erneute Mütterrente, im Blick. Man kann nur hoffen, daß die Schuldenbremse unverändert in Kraft bleibt, um solchen finanzpolitischen Unfug einzuschränken.“
Fehlende Finanzmittel „nachweislich nicht das primäre Investitionshemmnis“
Unterstützung erhält er vom Präsidenten des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen, Christoph Schmidt. Er mahnte gegenüber der Rheinischen Post: „Deutschland ist gut beraten, auch für Ausgaben, die dem Klimaschutz dienen sollen, an der verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse festzuhalten.“
Der ehemalige Chef der Wirtschaftsweisen ergänzte: „Der Großteil der Investitionen für den Klimaschutz muß von privaten Akteuren geleistet werden. Diese werden wohl freimütiger in einer Volkswirtschaft investieren, die für solide öffentliche Finanzen sorgt.“ Fehlende Finanzmittel seien zudem „nachweislich nicht das primäre Investitionshemmnis“, gab Schmidt zu bedenken. „Vielmehr fließen schon seit Jahren die bereitgestellten Mittel nur zögerlich ab, vor allem aufgrund bürokratischer Hemmnisse.“
Die Schuldenbremse hat in Deutschland seit 2009 Verfassungsrang. Ziel des Instruments ist es, die Neuverschuldung von Bund und Ländern zu begrenzen. Für 2020 und 2021 wurde die Schuldenbremse aufgehoben. Einige Haushaltspolitiker rechnen auch im kommenden Jahr damit, den Mechanismus auszusetzen. (ls)