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Institut für Weltwirtschaft Kiel: Lieferengpässe setzen deutscher Industrie zu

Institut für Weltwirtschaft Kiel: Lieferengpässe setzen deutscher Industrie zu

Institut für Weltwirtschaft Kiel: Lieferengpässe setzen deutscher Industrie zu

Weil Rohstoffe fehlen, stehen die Maschinen still (Symbolbild) Foto: picture alliance / HERBERT P. OCZERET / APA / picturedesk.com | HERBERT P. OCZERET
Weil Rohstoffe fehlen, stehen die Maschinen still (Symbolbild) Foto: picture alliance / HERBERT P. OCZERET / APA / picturedesk.com | HERBERT P. OCZERET
Weil Rohstoffe fehlen, stehen die Maschinen still (Symbolbild) Foto: picture alliance / HERBERT P. OCZERET / APA / picturedesk.com | HERBERT P. OCZERET
Institut für Weltwirtschaft Kiel
 

Lieferengpässe setzen deutscher Industrie zu

Die deutsche Industrie erleidet derzeit große Einbußen, weil Rohstoffe und Vorprodukte fehlen. Das führt zu einem Auftragsüberhang, der sich seit Jahresbeginn anstaut. Vorprodukte und Rohstoffe fehlen. Handwerker müssen Angestellte trotz voller Auftragsbücher in Kurzarbeit schicken.
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Das verarbeitende Gewerbe erleidet derzeit große Einbußen, weil Rohstoffe und Vorprodukte fehlen. Laut Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW) belaufen sich die Verluste auf fünf Prozent der Wertschöpfung, was auf Jahressicht 25 Milliarden Euro entspricht. Hochgerechnet auf die gesamte Wirtschaftsleistung macht das ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. „Die Schätzungen legen nahe, daß die deutsche Industrieproduktion mindestens fünf Prozent höher sein könnte, als sie es derzeit ist, wenn ausreichend Produktionsmaterialien und Zwischenprodukte zur Verfügung stünden“, erklärte Klaus-Jürgen Gern, Leiter der internationalen Konjunkturanalyse.

Grund ist ein Auftragsüberhang, der sich seit Jahresanfang angestaut hat. Zwar haben die Unternehmen viele Aufträge, aber sie können nicht alle erfüllen. Im April lag die Industrieproduktion etwa fünf Prozent unter Vorkrisenniveau, aber der Auftragseingang war rund zehn Prozent höher als vor der Corona-Krise. Gleichzeitig schrumpfte die Industrieproduktion seit Jahresanfang um zwei Prozent. Es sei naheliegend, die schwächelnde Produktion auf die Lieferengpässe zurückzuführen, weil der Anteil der Industrieunternehmen, die von fehlendem Material berichteten, „im zweiten Quartal mit mehr als 40 Prozent auf einen Rekordwert gestiegen ist“, schreibt das IfW.

Vorprodukte und Rohstoffe fehlen derzeit in vielen Branchen und die Preise steigen rasant. Halbleiter, Holz, Stahl, Basiskunststoffe, aber auch Baumaterialen wie Farben, Dämmstoffe, Beschläge und Fensterscheiben sind derzeit knapp. „Unsere Handwerker haben bei immer mehr Baumaterialien Lieferprobleme, die einzelne Gewerke schon jetzt teilweise ausfallen lassen oder die Ausführung stark verschieben“, äußert ein Architekt gegenüber der JUNGEN FREIHEIT.

Fast jedem zweiten Unternehmen fehlt Material

Der Präsident des Zentralverbands des Handwerks, Hans Peter Wollseifer, warnte gegenüber dem Merkur, daß der Materialmangel für „nicht wenige Betriebe“ inzwischen zu einem existenziellen Problem geworden sei: „Manche Betriebe mit vollem Auftragsbuch mußten schon Kurzarbeit anmelden, weil das Material einfach nicht zu beschaffen war.“

Laut einer Umfrage des ifo-Instituts fehlte im April bei 45 Prozent der Unternehmen Material. Das sei der „mit Abstand“ höchste Wert seit der Wiedervereinigung, schreibt das Münchner Forschungsinstitut. Besonders betroffen waren die Hersteller von Kunststoff- und Gummiwaren (71,2 Prozent), von Kraftwagen und Kraftwagenteilen (64,7 Prozent) und von elektrischen Ausrüstungen (63,3 Prozent).

Das IfW führt die Lieferengpässe auf die anziehende Weltwirtschaft und eine sich verschiebende Nachfrage zu langlebigen Konsumgütern wie etwa Elektronik, die Halbleiter-Chips enthalten, zurück. Einzelereignisse wie die Blockade des Suez-Kanals, Extremwetterlagen in den USA und Brände in Chipfabriken hätten die Lieferprobleme verschärft. In jüngster Vergangenheit bestünden weitere Transportengpässe in der Seehandelsschiffahrt, heißt es.

Entspannung ist nicht in Sicht

Gleichwohl dürfte wohl auch die massive Geldschöpfung von Zentralbanken schuld sein, daß die Preise rasant steigen. Die EZB hat ihre Bilanzsumme zu Corona-Zeiten von 4,7 auf 7,7 Billionen Euro ausgeweitet. Bei der amerikanischen Notenbank Fed hat sich der Wert der Vermögensgegenstände im gleichen Zeitraum nahezu verdoppelt. Aufgrund der gesunkenen Wirtschaftsaktivität zu Beginn des Lockdowns dürfte sich ein Geldüberhang angestaut haben, der sich zunehmend in die Realwirtschaft ergießt.

Dazu kommen Corona-Maßnahmen, die weiter Sand ins Getriebe der Weltwirtschaft streuen. Laut Berichten des Handelsblatts besteht ein Rekordstau an Container-Schiffen im Südchinesischen Meer. Der Grund: Die Behörden haben Terminals aufgrund von Corona-Infektionen geschlossen. Daher schlug der Hafen Yantian nur 40 Prozent der üblichen Containermenge um.

Eine Entspannung ist derzeit nicht in Sicht. „Voraussichtlich werden die Lieferengpässe die Industrieproduktion noch bis weit ins dritte Quartal hinein belasten, erst danach dürfte sich eine deutliche Besserung einstellen“, sagte Klaus-Jürgen Gern vom IfW. Indes rechnen manche Branchenkenner mit noch längeren Lieferschwierigkeiten. So schätzte eine Managerin des Chip-Herstellers Flex, daß die Lieferprobleme bis Mitte oder Ende 2022 bestehen dürften. „Manche schätzen sogar bis zum Jahr 2023“, sagte Lynn Tyrell gegenüber der Financial Times. Autohersteller wie Daimler und Ford mußten hierzulande bereits zeitweise die Produktion stoppen, weil Chips fehlten.

Weil Rohstoffe fehlen, stehen die Maschinen still (Symbolbild) Foto: picture alliance / HERBERT P. OCZERET / APA / picturedesk.com | HERBERT P. OCZERET
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