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Firmengründungen: Sind Zuwanderer wirklich so relevant in der Start-up-Szene?

Firmengründungen: Sind Zuwanderer wirklich so relevant in der Start-up-Szene?

Firmengründungen: Sind Zuwanderer wirklich so relevant in der Start-up-Szene?

Biontech-Gründer Uğur Şahins und Özlem Türecis
Biontech-Gründer Uğur Şahins und Özlem Türecis
Biontech-Gründer Uğur Şahins und Özlem Türecis Foto: picture alliance / REUTERS | POOL New
Firmengründungen
 

Sind Zuwanderer wirklich so relevant in der Start-up-Szene?

Laut dem Deutschen Start-up-Monitor hat jeder fünfte Firmengründer (20,3 Prozent) mittlerweile einen Migrationshintergrund. Eine weitere Erfolgsmeldung also, die erneut zeigt, daß sich Vielfalt auszahlt? So einfach ist es nicht.
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Laut dem Deutschen Start-up-Monitor hat jeder fünfte Firmengründer (20,3 Prozent) mittlerweile einen Migrationshintergrund. Diese Meldung machte in der deutschen Medienlandschaft schnell die Runde. Kaum ein Bericht kam ohne die Erwähnung Uğur Şahins und Özlem Türecis aus, die das Unternehmen Biontech gegründet hatten, das derzeit durch seinen Corona-Impfstoff in aller Munde ist.

Eine weitere Erfolgsmeldung also, die erneut zeigt, daß sich Vielfalt auszahlt. Deutschland ist auf Einwanderer angewiesen, um der Überalterung entgegenzutreten und die Wirtschaft auf Vordermann zu halten. Aber ist es wirklich so einfach?

Wie so oft kranken Meldungen wie diese an dem Begriff „Migrationshintergrund“. Dieser kann die Realität mal in die eine, mal in die andere Richtung verzerren. So haben beispielsweise viele Rußlanddeutsche einen Migrationshintergrund, weil sie in der früheren Sowjetunion geboren wurden. Umgekehrt verliert sich der Migrationshintergrund, wenn beide Eltern eines ausländischen Kindes die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.

Sauberes statistisches Datenmaterial würde diese Frage beantworten können, aber es existiert nicht.
Der „Deutsche Startup Monitor“ schlüsselt die Gründer nicht nach Herkunftsregionen auf. Lediglich für die Mitarbeiter liegen etwas präzisere Zahlen vor. Sie sind zu 73 Prozent deutsche Staatsbürger, elf Prozent sind EU-Bürger, drei Prozent Nicht-EU-Europäer und zu 13 Prozent außereuropäischer Herkunft. Damit relativieren sich die Erfolgsmeldungen deutlich.

Wie sieht es im Ausland aus?

Laut einer US-Studie waren Start-Up-Gründer zu 77 Prozent weiß, 18 Prozent asiatisch, drei Prozent nahöstlich, 2 Prozent hispanisch und nur zu einem Prozent schwarz. Die USA sind zu 61 Prozent weiß, fünf Prozent asiatisch, 18 Prozent hispanisch und zwölf Prozent schwarz. Über die Anzahl der US-Bürger mit nahöstlichen Wurzeln liegen widersprüchliche Zahlen vor, die sich aus Definitionsschwierigkeiten ergeben.

Eine andere Erhebung über europäische Tech-Unternehmen kam zu dem Ergebnis, daß Gründer zu 88 Prozent weiß, vier Prozent asiatisch, zwei Prozent nahöstlich und einem Prozent schwarz sind. In der EU stellen Asiaten etwa ein Prozent der Bevölkerung, Personen aus dem Nahen Osten fünf Prozent und Afrikaner zwei Prozent.

Diese Zahlen zeigen, daß Einwanderer eben nicht pauschal für wirtschaftlichen Erfolg stehen. Meist sind es Asiaten, die besonders geschäftstüchtig sind.

Der Begriff des Start-Ups ist zudem schwammig definiert. Gemeint sind vor allem Unternehmensgründungen mit einer innovativen Geschäftsidee. Längst nicht jedes Start-Up entwickelt sich aber zu einem millionenschweren Unternehmen.

Erst vor wenigen Monaten wurde gemeldet, daß laut einer Erhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft im Jahr 2016 neun Prozent aller Patente von Ausländern angemeldet wurden. In diesem Fall hatte man sich nicht auf den problematischen Migrationshintergrund gestützt, sondern die Vornamen einem Kulturkreis zugeordnet. Dies erlaubt präzisere Aussagen, so kam der osteuropäische Raum  inklusive Balkan auf 970 Patente, der Nahe Osten auf 565. Hohe Zuwächse gab es bei Patentanmeldungen aus dem chinesischen und indischen Raum.

Selbstüberschätzung und Fantasie

Der deutlich niedrigere Wert unter den Patentanmeldungen deutet darauf hin, daß unter den erfolgreichen Firmengründern Ausländern deutlich schwächer vertreten sind und es sich bei vielen Start-Ups eher um ganz gewöhnliche Unternehmen handelt.

Wie steht es um die leuchtenden Beispiele, die etwa die ARD-„Tagesschau“ aufzählt? Auto1, Delivery Hero und ResearchGate seien Vorbilder für migrantische Gründungen, heißt es. Tatsächlich haben diese Unternehmen insgesamt neun Gründer. Die Migranten: ein Türke, ein Pole und ein Syrer.

Die laut der Seite gründer.de 25 erfolgreichsten Start-Ups haben insgesamt 64 Firmengründer, die meisten von ihnen Deutsche. Die Nichteuropäer sind: ein Israeli, ein Russe zentralasiatischer Herkunft, eine Chinesin und ein Iraner.

Auch würden unter den Migranten etwa ein Drittel planen, ihr Unternehmen für 100 Millionen Euro zu verkaufen. Unter den Deutschen trauen sich dies nur jeder fünfte zu. Dies kann auf größeren Erfolg hinweisen – oder auf Selbstüberschätzung. Solange jedoch keine belastbaren Daten für den Firmenwert vorliegen, sind solche Angaben reine Fantasie.

Biontech-Gründer Uğur Şahins und Özlem Türecis Foto: picture alliance / REUTERS | POOL New
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