Die satirische Schauspieler-Aktion um Jan Josef Liefers, Ulrich Tukur und andere unter dem Motto #allesdichtmachen traf gekonnt einen Nerv: Die mediale Hysterie, der Alarmismus und flächendeckend immer wieder verlängerte Dauereingriff in Grundrechte aller Bürger kommt an einen Endpunkt und in immer größeren Buchstaben steht die Frage im Raum: Wie beenden wir auf eine vernünftige Weise diesen Ausnahmezustand und werden wieder normal?
Nach wie vor muß die Regierung ihr Versagen bei der Impfstoffbestellung übertönen mit martialischer Krisenrhetorik. Öffentlich-rechtliche Sender und Leitmedien betätigen sich dabei als Verstärker. Nun wird offenbar, daß die vor Ostern an die Wand gemalten Prognosen über eine Explosion der Infektionszahlen im Zuge der „dritten Welle“ völlig übertrieben waren. Das RKI warnte Anfang März vor einem Anstieg im Mai auf einen Inzidenzwert von 350, Kanzleramts-Berater Kai Nagel (TU Berlin) sprach gar von 2.000 – was 230.000 Neuinfektionen am Tag entspräche. Konsequenzen aus solchem Unsinn? Keine.
Glücklicherweise macht die Impfkampagne endlich Fortschritte. Inzwischen hat fast ein Viertel der Bevölkerung die Erstimpfung erhalten. Sobald möglich, wäre ich übrigens auch dabei. Entscheidend ist aber, daß die gefährdete Hauptgruppe geschützt ist. Was spricht also dagegen, sofort – wie in der Schweiz schon länger – großzügig zu öffnen? Die Schulen, Sportstätten, Kultureinrichtungen und Gastronomie müssen endlich wieder ihren Betrieb regulär aufnehmen können!
Zum Leben gehören Gefahren
Eine fragwürdige Debatte entzündet sich nun darum, ob Geimpften vorzeitig Teile ihrer Grundrechte „zurückgegeben“ werden sollen. Bayern und Thüringen preschen vor, indem sie die Testpflicht für Geimpfte aufheben. Doch selbst wenn sich das Verfassungsgericht gegen eine „Privilegierung“ von Geimpften wenden sollte, weil es nicht zweierlei Grundrechte geben kann, wird schon der Druck aus dem Ausland wirken. Bereits jetzt genießen Inhaber eines Impfnachweises in vielen Urlaubsländern und bei Reiseanbietern Vorzüge.
So oder so werden wir im Sommer in die Nähe einer „Herdenimmunität“ kommen, die nicht mehr diesen Namen, sondern flauschiger den der „Gemeinschaftsimmunität“ tragen soll. Und dann? Soll das Ziel eine sterile Umwelt sein, in der nie wieder Infektionen drohen?
Der Virologe Klaus Stöhr wies jetzt darauf hin, wir müßten endlich begreifen, daß das Virus Sars-CoV-2 nie aus der Welt verschwinden, sondern, wie andere Viren, sich verändernd „weiter zirkulieren“ wird und es einen völligen Ausschluß von Ansteckung wie bei anderen Infektionserkrankungen nicht geben wird, wir keine „sterile Immunität“ erleben werden. Alles andere wäre auch eine inhumane Utopie. Zum Leben gehören Gefahr, Krankheit und Tod.
JF 18/21