Dieses Jahr fällt Weiberfastnacht Corona-bedingt hierzulande aus. Doch der Krawatte, die sonst an diesem Datum landauf, landab tausendfach zerschnitten wird, geht es nun am anderen Ende der Welt an den Kragen.
In Neuseeland rücken jedoch keine Närrinnen dem männlichen Kleidungsstück mit Scheren zu Leibe. Den Anstoß gab ein Abgeordneter der Maori-Partei, der Ureinwohner des Inselstaates. Rawiri Waititi hatte nämlich erkannt, daß das Stück Stoff um den Hals ein Zeichen des Kolonialismus sei und die Rechte seiner Volksgruppe unterdrücke, wie er die Welt via Facebook wissen ließ.
Als Bühne für seinen Kampf wählte er das Parlament, wo die Krawatte bislang für männliche Abgeordnete vorgeschrieben war. Zunächst brach das Parlament der ehemaligen britischen Kolonie jedoch eine Lanze für das Kleidungsstück. Es verwies Waitiki des Saales, als er am Dienstag (Ortszeit) stattdessen ein geschnitztes Maori-Ornament, einen Hei-Tiki, um den Hals trug. Seinen Ärger darüber tat der Abgeordnete auf Twitter kund und rief den Hashtag „no2tie“ (Nein zur Krawatte) ins Leben.
Die Krawatte ist Geschichte
Das verband er mit einem Bekenntnis zu seinen Ahnen und seiner Kultur. „Der Hei-Tiki ist die Krawatte meiner Wahl, er bindet mich an meine Vorfahren, mein Land und mein Volk.“
Schließlich tat das Parlament, was alle westlichen Staaten tun, wenn Minderheiten selbstbewußt ihre Identität vertreten und Forderungen stellen: es gab nach. So ist nun als Geschäftskleidung auch die anderer Kulturen als der britischen erlaubt.
Die Krawatte verliert ihre Anhänger
Das könnte noch manch interessante Mode mit sich bringen. Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern tat sich mit Maori-Kleidung schon in der Vergangenheit hervor, als sie 2018 bei einem Dinner im Londoner Buckingham Palace in einem traditionellen Federmantel erschien.
Hierzulande gehört die Krawatte in der Geschäftswelt und auch für manchen Politiker jedenfalls noch zur Garderobe. Im Bundestag ist sie allerdings nicht vorgeschrieben und verschwindet seit Jahren immer mehr – auch ohne den jährlichen Tribut an die närrische Zeit oder Beschwerden wegen ihres kolonialen Charakters.