In Krisenzeiten, in Ausnahmesituationen, da schlägt die Stunde der tatkräftigen Regierungen. Da können Politiker die Ärmel hochkrempeln, anpacken und dem Wähler zeigen, daß sie alles im Griff haben. Die Coronakrise ist so ein Fall. Überall auf der Welt greifen Regierungen massiv in das Leben der Bürger ein.
Getragen von Umfragezuwächsen, die bis vor kurzem noch undenkbar erschienen (die Union schießt um fünf Prozentpunkte nach oben) und breiter Zustimmung (95 Prozent der Deutschen halten die Corona-Einschränkungen für richtig) erlassen Bund und Länder im Akkord neue Verordnungen.
Da werden Demonstrationen untersagt, Kontakte weitestgehend verboten und die meisten Geschäfte geschlossen. Da sollen Mietschulden als Kündigungsgrund per Gesetz wegfallen, der Föderalismus gestutzt und – ginge es nach linken und linksliberalen Meinungsmachern – ganze Branchen verstaatlicht werden.
Da werden Ideen aus den Schubladen auf den Schreibtisch gepackt, wie die lästige Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken eingedämmt werden kann, natürlich nur wegen der „Infodemie“ und nicht, weil solche und andere Pläne schon länger auf der To-do-Liste standen und sich jetzt eine gute Gelegenheit bietet, sie umzusetzen.
EZB in permanentem Ausnahmezustand
Nun könnte man meinen: Ausnahmesituationen erfordern eben entsprechende Schritte, wo ist das Problem? Regulierungswütige Politiker sind die Regel, nicht die Ausnahme. Die Bürger müssen genauestens aufpassen, daß all die Regeln und Verordnungen nach der Coronakrise auch wieder zurückgenommen werden. Das ist nicht unmöglich, aber schwierig.
Das beweist ein Blick in die Geschichte der Staatsquote (wie hier beispielsweise in Großbritannien). Die Staatsquote stieg in Krisenzeiten wie den beiden Weltkriegen sprunghaft an. Danach ging sie zwar immer wieder zurück, sie erreichte aber nicht mehr dasselbe Niveau wie vor der Krise.
Ein weiteres Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB). Als die Währungshüter wegen der Finanzkrise 2008 ihre Gelddruckorgien starteten, begründeten sie dies mit einer Ausnahmesituation. Doch zur währungspolitischen Normalität kehrte die EZB seither nicht mehr zurück. Deshalb verpufft an der Börse auch das aktuelle, gigantische und in der Höhe noch nie dagewesene Notprogramm. Die meisten Anleger wissen, daß das Instrumentarium der EZB noch nicht ausgeschöpft, aber teilweise abgestumpft ist.
Die Hemmschwelle sinkt
Es gilt, den Regierungen zu zeigen, daß ihre derzeitigen Maßnahmen mit größter Wahrscheinlichkeit zwar notwendig sind, aber definitiv zeitlich begrenzt sein müssen. Das Motto nach der Krise muß lauten: Bürger, holt euch eure Freiheit zurück! Denn wenn Regierung und Verwaltung sehen, wie simpel sich das Volk einschränken läßt, werden sie es wieder tun. Dieser unselige Geist ist leichter und schneller aus der Flasche, als daß er in sie zurückkehrt.
Und die Hemmschwelle dafür wird sinken. Vielleicht reicht dann auch schon eine kleinere Asyl- oder Eurokrise aus, um die bürgerlich-freiheitlichen Rechte zu beschneiden.