Eines vorweg: Die deutsch-französische Flüchtlings-Dramaserie „Eden“, die der öffentlich rechtliche Kultursender Arte derzeit ausstrahlt, ist im Vergleich zu anderen Formaten dieses Genres, die vor allem im Staatsfernsehen derzeit rauf und runter gespielt werden, zumindest handwerklich über weite Strecken recht gut gemacht. Man merkt, daß sich die Macher am amerikanischen Gefühlskino und an so manch schnulziger Serie auf Netflix orientiert haben.
An der Plumpheit, mit der dem Zuschauer die Moral der Geschichte förmlich ins Hirn getrichtert werden soll, ändert das freilich nichts. Schon in der ersten Szene der ersten Folge wird die geistige Stoßrichtung klar, die sich die gesamten sechs Episoden lang fortsetzen soll – und dabei in deren Verlauf nicht gerade spannender wird.
Man sieht ein vollbesetztes Flüchtlingsboot an einem griechischen Urlaubsstrand ankommen. Armut trifft auf Wohlstand, die dritte Welt auf die erste. Alles wie erwartet. Zur Ehrenrettung der Kitsch-Fabrikanten sollte man erwähnen, daß die Szene an eine reale Begebenheit angelehnt ist. Vor zwei Jahren filmten Touristen in Spanien die Ankunft eines solchen Bootes und schickten die Bilder anschließend um die Welt.
Serienmacher bemühen sich um Authentizität
Auch sonst bemühen sich die Macher des Formates um Authentizität. Zumindest um das, was sie dafür halten. Gedreht wurde häufig an Originalschauplätzen und viele der Schauspieler sind Migranten. Sogar die Flüchtlingsindustrie wird mit ihren Verstrickungen zur EU und den fetten Profiten, die sie für einige wenige verheißt, tatsächlich thematisiert.
Besser macht auch das die Serie leider nicht. Mitunter wirft es aber zumindest ein interessantes Licht auf das Denken derer, die hinter „Eden“ stehen. Die Betreiberin des privaten Flüchtlingscamps, eine smarte Französin, wird als engagierte Globalistin mit Herz dargestellt. Die Flüchtlinge sind gebildet, wißbegierig, geradezu überhöflich, betont nicht religiös und reinen Herzens. Als die Mannheimer Lehrerin Silke ihre Armbanduhr zwischen den Privatsachen des bei ihr wohnenden Syrers Bassam findet, erklärt dieser das damit, daß er „einfach etwas von ihr haben wollte“. Danach entschuldigt sich die Frau und leiht ihrem Schützling die Uhr. Ihr Mann, der ebenfalls Lehrer ist, findet das zwar „schon ein bißchen merkwürdig“, gibt sich letztlich aber mit der Erklärung seiner Gattin („es hat ihm gutgetan“) zufrieden.
Klischee folgt auf Klischee
Auch der Sohn der Familie, der anfangs neidisch auf den neuen Liebling der Eltern ist, schließt den jungen Mann ins Herz, nachdem er ihn und seine Geschichte richtig kennengelernt hat. Damit ist er der Letzte in der Familie, der es „kapiert“ hat. Seine Eltern waren schon von dem Erlebnis am griechischen Strand, an dem sie zufällig gerade ihr Eis schleckten als das Flüchtlingsboot ankam, so beeindruckt, daß sie gar nicht anders konnten, als selbst einen „Geflüchteten“ bei sich aufzunehmen.
Einer der Handlungsstränge zeigt die beiden nigerianischen Brüder Amare und Daniel die aus dem Flüchtlingscamp ausbrechen. Zuvor zünden sie dort noch das Büro an, aus Frust über das schleppende Asylverfahren und die damit einhergehende Verweigerung der Arbeitserlaubnis, die es ihnen nicht ermöglicht, ihrer armen Mutter Geld nach Hause zu schicken. Einer der Brüder kommt bei der Flucht auf tragische Weise ums Leben. Die beiden griechischen Sicherheitsmänner, die die Ausreißer verfolgt haben, versenken daraufhin die Leiche des Jungen in der See.
Die Serie reiht Klischee an Klischee. Das Ganze untermalt mit emotionaler Musik und gedreht in einer geradezu narkotischen Langsamkeit. Wenn Hollywood das macht, kann es einem durchaus ans Herz gehen. Beim europäischen Erziehungsfernsehen geht es einem einfach nur auf die Nerven. Selbst der MDR-Kulturkritiker Jörg Taszman beschreibt „Eden“ als „gut gemeint, aber nicht immer gut gemacht“. So gesehen ist die Arte-Produktion tatsächlich ein geradezu perfektes Abbild der europäischen Asylpolitik.