FRANKFURT/MAIN. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat Forderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) nach mehr öffentlichen Investitionen in Deutschland zurückgewiesen. Dadurch soll nach dem Willen der internationalen Währungshüter der deutsche Leistungsbilanzüberschuß gesenkt werden.
„Der Überschuß ergibt sich aus vielen Einzelentscheidungen von Konsumenten und Firmen“, stellte Weidmann klar. Eine Ausweitung des Defizits in Deutschland hätte nur einen geringen Effekt für andere Länder, sagte Weidmann laut dem Handelsblatt auf einer gemeinsamen Konferenz von Internationalem Währungsfonds und Bundesbank in Frankfurt am Main.
Binnenmigration schafft Lohndruck
Weidmann schlug vor, anstatt Ausgaben pauschal zu erhöhen, diese umzuschichten und stärker in Bildung und Infrastruktur zu investieren, etwa auch in den Ausbau von Breitbandnetzen. Damit würde auch das Wachstum der deutschen Wirtschaft langfristig gestärkt. IWF-Chefin Christine Lagarde hatte zuvor die Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands kritisiert, worunter neben den öffentlichen Ausgaben auch die Bilanz von Importen und Exporten gerechnet wird.
„Wir müssen uns fragen, warum deutsche Haushalte und Firmen so viel sparen und so wenig investieren und welche Politik dieses Spannungsverhältnis lösen kann“, schrieb Lagarde in einem Blogpost vor der Konferenz. Für Lagarde ist der deutsche Handelsüberschuß auch ein Grund für die Zunahme einer protektionistischen Handelspolitik weltweit.
Für die geringen Lohnsteigerungen in Deutschland machte der Bundesbankchef neben anderen Faktoren auch die europäische Binnenmigration verantwortlich, die einen Lohndruck hervorrufe. Allerdings spiele auch die Zielsetzung von Gewerkschaften eine Rolle, stärker auf Arbeitszeitreduzierung zu setzen, sagte er dem Sender Bloomberg zufolge. In Deutschland leben 2,7 Millionen Bürger aus anderen EU-Staaten im erwerbsfähigen Alter. Das ist auf die Einwohnerzahl hochgerechnet der höchste Wert in der gesamten Eurozone. (tb)