HAMBURG. Der Deutsche Richterbund hat vor einer Überlastung des Justizsystems gewarnt. „Der Rechtsstaat erodiert schleichend“, sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn dem Handelsblatt. Er sehe „deutliche Indizien“ für eine Überforderung der Justiz.
Strafprozesse an den Landgerichten dauerten immer länger, Staatsanwaltschaften stellten immer öfter Verfahren ein und dringend Tatverdächtige müßten wegen zu langer Verfahrensdauer aus der Untersuchungshaft entlassen werden, beklagte Rebehn. Aktuell fehlten mindestens 2.000 Richter und Staatsanwälte. „Es braucht dringend einen gemeinsamen Kraftakt von Bund und Ländern für den Rechtsstaat.“
Hintergrund ist das Ergebnis einer Umfrage des Blatts, wonach die Bundesländer im kommenden Jahr im Schnitt lediglich 1,7 Prozent mehr Geld für Justiz ausgeben. Die Ausgaben der Justizhaushalte summierten sich damit auf 17 Milliarden Euro. Im laufenden Jahr sind es 16,7 Milliarden Euro. In Bremen wird das Budget für die Justiz sogar sinken.
„Funktionierendes Rechtssystem in Berlin nicht mehr vorhanden“
Auch die Vereinigung der Berliner Staatsanwälte beklagt einen hohen Personalmangel und warnt davor, daß gerichtliche Entscheidungen nicht mehr ausreichend bearbeitet werden können.
„Die Umstände in der Berliner Justiz und insbesondere in der Staatsanwaltschaft sind so gestaltet, daß ein funktionierendes Rechtssystem in Berlin nicht mehr vorhanden ist“, sagte der Vorsitzende der Vereinigung Ralph Knispel dem rbb. „Wir haben es nicht fünf, sondern mittlerweile fünf nach zwölf.“ (ls)