PARIS. Ein französisches Gericht hat die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, schuldig gesprochen, in ihrer früheren Position als französische Finanzministerin fahrlässig gehandelt zu haben. Nach Auffassung des Gerichtshofs der Republik in Paris trage die 60jährige damit die Verantwortung für die Veruntreuung öffentlicher Gelder.
Trotz Schuldspruch verhängten die Richter keine Strafe, obwohl eine Haft von bis zu einem Jahr möglich gewesen wäre. Sie begründeten dies mit der „Persönlichkeit“ Lagardes und ihrem „internationalen Ansehen“.
Tapie-Affäre
Der Prozeß untersuchte die Affäre um den Geschäftsmann Bernard Tapie. Lagarde hatte 2007 als Finanzministerin unter dem damaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy einem Schiedsverfahren zugestimmt, um einen jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Staat und Tapie zu beenden.
Als das private Schiedsgericht dem Unternehmer mehr als 400 Millionen Schadensersatz zusprach, verzichtete Lagarde auf einen Einspruch. Genau dies hätte sie jedoch laut Gericht tun müssen.
Urteil könnte Führungsdebatte beim IWF auslösen
Inzwischen laufen Betrugsermittlungen gegen mehrere Beteiligte des damaligen Schiedsverfahren, weil es Verbindungen zwischen Tapie und einem der drei Schiedsleute gegeben haben soll. Der Schiedsspruch wurde daher bereits aufgehoben und Tapie dazu verurteilt, die Entschädigung zurückzuzahlen.
Das jetzige Urteil könnte eine Führungsdebatte im IWF auslösen. „Es ist zu erwarten, daß der Vorstand in Kürze zusammentritt, um die jüngsten Enwicklungen zu diskutieren“, sagte IWF-Kommunikationschef Gerry Rice in einer Erklärung. (gb)