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Türkei-Gipfel: Absurdes Theater

Türkei-Gipfel: Absurdes Theater

Türkei-Gipfel: Absurdes Theater

Ahmet Davutoglu und Angela Merkel auf dem Brüsseler Türkei-Gipfel am 7. März 2016 Foto: DPA/Picture-Alliance/Thierry Monasse
Ahmet Davutoglu und Angela Merkel auf dem Brüsseler Türkei-Gipfel am 7. März 2016 Foto: DPA/Picture-Alliance/Thierry Monasse
Ahmet Davutoglu und Angela Merkel auf dem Brüsseler Türkei-Gipfel am 7. März 2016 Foto: DPA/Picture-Alliance/Thierry Monasse
Türkei-Gipfel
 

Absurdes Theater

Entweder Deutschland nimmt alle Asylbewerber und hat damit nur die Wege für den Ansturm geändert und beschleunigt – oder der türkische Vorschlag, den die Kanzlerin eben noch gefeiert hat, ist erledigt. So oder so war der Gipfel ein Reinfall. Ein Kommentar von Michael Paulwitz.
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Kein Ergebnis, eine dreiste türkische Erpressung, die von zahlreichen EU-Mitgliedstaaten abgelehnt wird, aber die Kanzlerin freut sich über einen „Durchbruch“: Das EU-Türkei-Gipfeltreffen zur Asyl- und Migrationskrise war absurdes Theater. Die Position der Bundesregierung in Europa wird von Runde zu Runde unhaltbarer.

Für sein Veto gegen den dreisten türkischen Plan, illegale Einwanderer von Griechenland zurückzunehmen, wenn die EU im Gegenzug ebensoviele Migranten und Asylbewerber aus der Türkei nach Europa umsiedele, muß man dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán wohl dankbar sein: Der vergiftete Vorschlag hätte den tiefen Riß, den die Asylkrise zwischen den EU-Staaten aufgetan hat, vermutlich unüberbrückbar gemacht.

Denn außer der Bundesregierung ist niemand in Europa bereit, weiter unabsehbare Zahlen von Asyl-Immigranten aufzunehmen, sei es ungeregelt oder nach Kontingenten. Entweder also Deutschland nimmt alle und hat damit nur die Wege für den Ansturm geändert und beschleunigt, oder der türkische Vorschlag, den die Kanzlerin eben noch gefeiert hat, ist erledigt.

Anders als im Bundeskanzleramt scheinen in den übrigen europäischen Staatskanzleien nämlich Realpolitiker zu sitzen, die wissen, daß man zuerst selbst seine Ziele definieren und handeln muß, bevor man mit anderen über einen Ausgleich der Interessen verhandelt. Sonst ist der „Interessenausgleich“, in diesem Fall mit der Türkei, nichts anderes als Erpressung, auch wenn die Kanzlerin das beharrlich leugnet.

Natürlich genießt es die türkische Führung, den Europäern Bedingungen zu diktieren – zusätzlich zum Kontingentflüchtlings-Kuhhandel auch noch verdoppelte Milliarden-Subsidien, beschleunigte Visafreiheit und Beitrittsverhandlungen –, während sie mit ruppigen Presse-Gleichschaltungen zur selben Zeit vorexerziert, was sie von den vielgepriesenen europäischen Werten tatsächlich hält.

Gäbe es nicht andere EU-Staaten, die ihr in den Arm fallen, Angela Merkel würde wohl auch diese Wahnsinns-Bedingungen unterschreiben, wenn sie dafür nur ihre Gefühlspolitik der ewig offenen Grenzen weiter aufrechterhalten kann. Ob es ihr gelingt, mit dem hochgejubelten Nicht-Ergebnis des Gipfels die Wahlkämpfer und Wähler der CDU vor dem Wahlsonntag noch mal ruhigzustellen, ist mehr als fraglich. In jedem Fall ist es teuer erkaufte Zeit.

Andere EU-Regierungen machen vor, wie Realpolitik geht: Die Initiative ergreifen, die Grenzen schließen, das Problem zuerst selbst in die Hand nehmen, um die eigene Verhandlungsposition zu stärken gegenüber einem Nachbarn, der die Migrationswaffe rücksichtslos gegen die EU einsetzt.

Von der Kanzlerin, die die damit verbundene Entlastung gern, aber undankbar mitnimmt, aber schon im Vorfeld die einzige klare Ansage zur Schließung der Balkanroute aus den EU-Dokumenten streicht, müssen sie sich dafür auch noch beschimpfen lassen.

Dafür mag es Fleißkärtchen von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon geben. Die übrigen EU-Staaten tun dennoch gut daran, einen faulen Handel mit der Türkei abzulehnen, der nicht funktionieren kann, aber langfristig erheblichen Schaden stiften wird. Die kopflose deutsche Asylkrisen-Diplomatie wird mehr und mehr zur Schande für unser Land, die man selbst dem Gutwilligsten nicht mehr rational erklären kann.

Ahmet Davutoglu und Angela Merkel auf dem Brüsseler Türkei-Gipfel am 7. März 2016 Foto: DPA/Picture-Alliance/Thierry Monasse
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