Vor hundert Jahren wurde der politische Kampfbund Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold gegründet. Es bemühte sich, einen kämpferischen Republikanismus zu entwickeln. Wenn auch gegen die NSDAP gerichtet, war es keinesfalls eine „antifaschistische“ Organisation.
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Ich lasse mal meinen kognitiven Dissonanzen freien Lauf:
Heutzutage wird Schwarz-Rot-Gold ausschließlich auf AfD- und Pagida-Veranstaltungen gesichtet.
Irgendwas Schwarz-Weiß-Rotes, also Republikfeindliches, sieht man dort eher selten bis gar nicht.
Auf den „Demos gegen Rechts“ werden dagegen Träger der Farben der Republik weggepöbelt, bedroht und von der Bühne gezerrt. Schwarz-Rot-Gold ist dort ausdrücklich unerwünscht. Obwohl es sich um die Farben des demokratischen Deutschlands handelt, gilt es offenbar als rechtsextremes Symbol.
Was stattdessen auf den „Kundgebungen gegen Rechts“ omnipräsent ist, das sind die neuen „Farben der Bewegung“, die Regenbogenfahne. Daneben auch schwarz-weiß-rote Banner der antifaschistischen Aktion.
Ist das alles nur ein „dummer Zufall“, oder bedeutet das bei objektivem Blick tatsächlich, daß es sich bei den „Demos gegen Rechts“ in Wahrheit um Demos für Linksextremismus handelt, welcher die demokratische Republik zugunsten eines neuen Ideologiestaats „überwinden“ möchte und nicht minder verfassungsfeindlich agiert als die Pendants auf der rechtsextremen Seite?
„Sonderfall Spanien“. Was meinen Sie damit? Ist Spanien in Ihren Augen nicht demokratisch?
Das frage ich mich auch.
Was soll denn da in Spanien so anders sein (außer evtl. in der Theorie)?
Als Sonderfall könnte ich mir am ehesten Liechtensteins Hans-Adam vorstellen.
Alles, was wir hier in Europa haben, sind k o n s t i t u t i o n e l l e Monarchien.
Staatoberhaupt ist da erblich (was ich mir auch für uns wünschen würde, w e n n wir es damals nicht abgeschafft hätten, also jetzt neu einführen müßten), und das wars dann mit den Besonderheiten.
Spanien ist insofern ein Sonderfall, als die Monarchie dort nicht überdauert hat, sondern von Gnaden eines Diktators, Franco, (wieder)eingesetzt wurde.
Das ist schon ein kleiner Makel, gibt dem Ganzen etwas Künstliches, Aufgesetztes.
Jedenfalls wirkt die Monarchie in Spanien nicht so verwurzelt wie in Großbritannien, Dänemark oder Japan.
Aha. Ein wichtiger Aspekt. Ich persönlich halte diesen keineswegs für nebensächlich.
Finde ich auch.
Eine Krone aus den Händen eines Diktators fühlt sich irgendwie „schmutzig“ an.
Man darf es heute, angesichts des Taumels der Demokratie, in dem sich das Land vermeintlich befindet, kaum aussprechen, aber der große Geburtsfehler der Weimarer Republik war, eine präsidiale Republik zu werden und nicht als konstitutionelle Monarchie weiterzumachen. Es wäre kein Problem gewesen, die Schwächen und Irrtümer des Kaiserreich-Verfassung auszumerzen. Wilhelm II. war keineswegs so verhaßt, wie es später immer kolportiert wurde. Sein Sturz war ein vorauseilender Gehorsam vor dem Preußenhaß der Briten und dem Rachedurst der Franzosen. Dem Weimarer Staat fehlte schlicht ein Identifikationsmerkmal, mit der Flagge schwarz-rot-gold konnte niemand etwas anfangen – so wie sie auch heute auf seltsame Weise kaum sinnstiftend wirkt. Mit einem Monarchen, vielleicht auch dem Sohn eines abgedankten Wilhelms, wäre Hitler niemals an die Macht gekommen, nachdem der Sturz Ludendorffs die letzte Handlung der Hohenzollern gewesen war. Spielt es offen durch. Auch heute wäre wir mit einem Kaiser besser bedient.
Zustimmung.
Die heute noch bestehenden Monarchien in Europa – Dänemark, Niederlande, Großbritannien, Belgien, Schweden, Norwegen, Luxemburg, Liechtenstein, Sonderfall Spanien – sind dabei nicht undemokratisch.
Sie sind aber auch nicht als perfekte Demokratien auf die Welt gekommen, sondern haben sich erst im Laufe der Zeit durch Reformen dorthin entwickelt.
Genau so wären auch die deutschen Monarchien des Kaiserreichs mit der Zeit gegangen, wäre nicht der Erste Weltkrieg als Zäsur dazwischen gekommen.
Das Gerede von wegen „undemokratisch“, „reformunfähig“, „zum Scheitern verurteilt“, „Geburtsfehler“ X und „Geburtsfehler Y“ kommt den Leuten nur in der Rückschau in den Sinn, weil es eben so kam wie es kam.
Es hätte aber auch anders kommen können.
Bereits das deutsche Kaiserreich, das 1918 endete, besaß eine Verfassung, ein Parlament und ein für seine Zeit sehr liberales, progressives Wahlrecht. Es war vollkommen auf der Höhe seiner Zeit.
Während, umgekehrt, in Frankreich, den USA oder Großbritannien das Frauenwahlrecht ebenfalls erst lange nach 1918 eingeführt wurde.
Insofern lautet der Gegensatz nicht:
„Demokratie versus Monarchie“,
sondern:
„Republik versus Monarchie“.
„Eines aber zeichnet selbst diese ‚moderne’ Art der Monarchie aus: Für die Rolle des Grüßaugusts muss man nicht auf Joachim Gauck oder Frank-Walter Steinmeier zurückgreifen, sondern wird immerhin von Personen repräsentiert, die das professionell machen und ihr Leben lang darauf vorbereitet werden.
Der englische Journalist Peter Hitchens sagte mal, darin liege der einzige echte Vorteil der Monarchie – er wolle nicht Tony Blair am Denkmal für die Gefallenen der Weltkriege salutieren oder Boris Johnson in einer goldenen Kutsche zur Parlamentseröffnung fahren sehen. Mit einem König vor Augen bestehe immerhin die entfernte Möglichkeit, dass die Politiker den Staat nicht als ihre persönliche Beute betrachteten, sondern sich als Teil von etwas fühlten, das größer und erhabener sei als sie selbst.“
Übrigens auch ein schönes Beispiel dafür, wie überdehnt der Begriff der „Verfassungswidrigkeit“ mittlerweile ist und wie hysterisch damit um sich geworfen wird.
An die Verfassung haben sich der Staat und seine Organe zu halten.
Der einfache Bürger darf dagegen bekennender Monarchist oder Kommunist sein und sich auch entsprechend „verfassungskritisch“ äußern – das ist per se nicht strafbar, solange damit nicht so etwas wie Volksverhetzung o.ä. einhergeht.
Wobei ich gar kein wirklicher Monarchist bin, sondern lediglich anerkenne, daß eine konstitutionell-parlamentarische Monarchie auch ihre Vorzüge hat, weil sie für ein gewisses gesteigertes Maß an Stabilität und historischer Verankerung sorgt.
Und weil es mit ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich nie zur Hitler-Diktatur gekommen wäre.
Das Grundgesetz ist eben keine „Ersatzbibel“ mit Ratschlägen für alle Lebenslagen und heiligen Pflichten für ein sekularisiertes Volk, sondern lediglich die Verfassung des Staates. Nicht mehr und nicht weniger.
Der Staat hat sich in seinem Handeln an das GG zu halten.
Die Grundrechte sind Abwehrrechte der Bürger gegenüber einem potenziell übergriffigen Staat. Nicht umgekehrt.
„An die Verfassung haben sich der Staat und seine Organe zu halten“
In einer R e p u b l i k (Idealistisch betrachtet, was mündige Freie Bürger voraussetzt, und leider auf Sicht ein Traum bleibt), die w i r k l i c h eine ist (und sich nicht nur so nennt), gibt das Staatsvolk Freier Bürger s i c h selbst eine Verfassung. Und gibt sie nie aus der Hand. Jederzeit kann das Staatsvolk seine alte Verfassung kassieren und sich eine bessere geben.
In einer Republik fällt die Verfassung niemals von Gottes Gnaden vom Himmel. Und schon garnicht ist sie Spielball von „Eliten“.
An die Verfassung zu „halten“ haben sich die drei Organe (Gewalten):
Legislative (die v e r f a s s u n g s gemäße Gesetze beschließen muß), Exekutive (die i m R a h m e n der Gesetze handeln muß, nix Eliten-Willkür), und Judikative (die die Gesetze im Einzelfall nach deren G e i s t auslegt, und nicht nach den Launen von „Eliten“).
Die Grundrechte schreiben Freie Bürger sich in ihre Verfassung, als Abwehrrechte des I n d i v i d u u m s gegen das K o l l e k t i v.
Denn eine Republik setzt voraus, daß das Individuum einen Teil seiner Freiheiten an sein Kollektiv abgibt. Sonst könnte das Koilektiv nicht entstehen.
Zustimmung.
Was die heute Regierenden aber nicht davon abhält, das Grundgesetz, das sich die Deutschen selbst gegeben haben (so steht’s ja auch in der Präambel!), ganz anit-aufklärerisch mit einer Aura des Göttlichen zu versehen, als sei es irgendwie „von oben“ von einer göttlichen Instanz über das Land gekommen.
„Wilhelm II. war keineswegs so verhaßt, wie es später immer kolportiert wurde“
Daß Wilhelm II. („Wir wollen unser alten Kaiser Wilhelm wiederham …“, sangen meine Großeltern und wählten Deutschnational) verhaßt gewesen sei, war eine liebevoll gepflegte Legende der internationalistisch (“ … aller Länder … „) gesinnten Reichs-Abschaffer.
Wobei sich das „Wir wollen unser alten Kaiser Wilhelm wiederham …“ zu Zeiten von Wilhelm Zwo entstand und sich auf Kaiser Wilhelm DEN ERSTEN bezog.
Man wollte den ALTEN Wilhelm wiederhaben und war unzufrieden mit dem neuen.
Wilhelm Zwo mag seine Defizite und Schwächen gehabt haben, aber die „Bestie“, als die er zuerst in der Entente-Propaganda während des Ersten Weltkriegs und in der Folge dann in der autoaggressiven deutschen „Vergangenheitsbewältigung“ gezeichnet wird, war nun auch nicht.
Im Juni 1913 wurde er wegen seiner großzügigen Nachgiebigkeit in internationalen Konflikten von der New York Times (Andrew Carnegie) sogar als der große Friedenskaiser gefeiert.
Wie auch immer – auch ein Wilhelm II. hätte nicht ewig gelebt. Seine Söhne, Töchter, Enkel und Urenkel hatten eine andere Persönlichkeit und wären heute genau so „normal“ und zeitgenössisch wie die anderen verbliebenen Monarchinnen und Monarchen in Europa.
Daß die Hohenzollern kein „Sonderfall“ unter den Dynastien Europas sind, zeigen allein schon ihre mannigfachen Verwandtschaftsbeziehungen mit den anderen Königshäusern Europas.
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