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Bernd Zimniok, Demografie, Massenmigration

Konflikt mit Folgen bis heute: Kosovokrieg: Ein Pyrrhussieg des Westens

Konflikt mit Folgen bis heute: Kosovokrieg: Ein Pyrrhussieg des Westens

Konflikt mit Folgen bis heute: Kosovokrieg: Ein Pyrrhussieg des Westens

Proserbische Demonstranten protestieren 1999 gegen eine Nato-Beteiligung am Kosovokrieg: Die Folgen des Konflikts reichen bis in die Gegenwart.
Proserbische Demonstranten protestieren 1999 gegen eine Nato-Beteiligung am Kosovokrieg: Die Folgen des Konflikts reichen bis in die Gegenwart.
Proserbische Demonstranten protestieren 1999 gegen eine Nato-Beteiligung am Kosovokrieg: Die Folgen des Konflikts reichen bis in die Gegenwart Foto: picture-alliance / dpa | Wolfgang Kumm
Konflikt mit Folgen bis heute
 

Kosovokrieg: Ein Pyrrhussieg des Westens

Der Kosovokrieg: Vor 25 Jahren bombardierten Nato-Kräfte Serbien. Die Folgen sind bis heute spürbar – denn hier liegt die Grundlage für das derzeit so zerrüttete Verhältnis zwischen dem Westen und dem postsowjetischen Rußland. Eine Rekapitulation der Ereignisse.
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Der Begriff „Zeitenwende“, mit dem Bundeskanzler Olaf Scholz die politische Debatte um den Ukraine-Krieg geprägt hat, ist zu einem festen Begriff geworden. Er paßt auch zu jenen Vorgängen, die vor 25 Jahren, im März 1999, zu den Nato-Luftangriffen auf Jugoslawien führten, das damals noch aus Serbien und Montenegro bestand. Das gilt auch mit Blick auf die deutsche Beteiligung an dieser „humanitären Intervention“ – der ersten seit Ende des Zweiten Weltkrieges –, die gleichwohl ein Krieg war und eine Art Präludium für weitere militärische Unternehmungen unter US-amerikanischer Führung ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates darstellte. Hierfür stehen die Interventionen in Afghanistan 2001, im Irak 2003 und in Libyen 2011. 

Die Art und Weise, wie die USA in dieser Zeit ihre Rolle als unangreifbare Macht in der von ihr dominierten monopolaren Weltordnung ausspielte, führte zwangsläufig zu Gegenreaktionen. Rußland zum Beispiel sah sich durch die Tatsache, daß es den Militärschlag gegen Jugoslawien nicht verhindern konnte, düpiert. Hierin liegt ein Grund für den Aufstieg von Wladimir Putin, der kurz nach dem Ende des Kosovokrieges von Präsident Jelzin zum Ministerpräsidenten ernannt wurde. 

Die Wurzeln des Konfliktes um den Kosovo liegen in den Umbruchjahren, für die das Jahr 1989 steht, das mit dem Ende des Ost-West-Antagonismus verbunden wird. In Jugoslawien kam es in der Folge zu einer Reihe von blutigen Auseinandersetzungen, als 1991 die jugoslawischen Teilstaaten Slowenien und Kroatien und später auch Mazedonien ihre Unabhängigkeit erklärten. Nach der Unabhängigkeitserklärung von Bosnien und Herzegowina im März 1992 begann der bis 1995 dauernde Bosnienkrieg. Der Kosovokrieg bildete 1998/99 so etwas wie den Abschluß dieser innerjugoslawischen Separationskriege. 

Serben als Tonangeber im Kosovo

Spätestens mit dem Massaker von Srebrenica im Juli 1995, als Tausende vornehmlich bosniakische Männer und Jungen durch serbische Einheiten ermordet wurden, standen die Serben in der westlichen Öffentlichkeit am Pranger. UN-Gerichte klassifizierten diese Morde als Genozid. Das sollte sich auf die Auseinandersetzungen um den Kosovo vier Jahre später auswirken. Auch hier bildete das Jahr 1989 einen entscheidenden Einschnitt, wurde doch in diesem Jahr der Autonomiestatus des Kosovo aufgehoben, was dazu führte, daß Serben in den staatlichen Institutionen des Kosovo bald den Ton angaben. Die Kosovo-Albaner unter ihrem politischen Führer Ibrahim Rugova versuchten, dieser Entwicklung Widerstand entgegenzusetzen, verfolgten dabei aber eine moderate Linie. 

Mit der Formierung der paramilitärischen „Befreiungsarmee des Kosovo“, der UÇK, änderte sich ab etwa 1996 die Lage grundlegend. Deren Kombattanten griffen punktuell serbische Polizeieinheiten an und tauchten dann wieder ab. Die serbische Seite schlug zurück, was auch zu zivilen Opfern führte. Auf diese Weise schaukelte sich der Konflikt hoch. Die „internationale Gemeinschaft“ sah sich gezwungen, in Gestalt einer Kontaktgruppe, zu der neben den USA und Rußland auch Deutschland gehörte, Einfluß zu nehmen. Im Oktober konnte der US-Sondergesandte Richard Holbrooke mit dem jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević ein Abkommen aushandeln, das unter anderem beinhaltete, daß sich die serbischen Polizeikräfte zurückziehen. Die UÇK nutzte diesen Rückzug, um ihren Einflußbereich zu vergrößern, was erneut zu einem Aufflammen der Gewalt führte. 

Zu einer entscheidenden Wegmarke sollte in der Folge das „Massaker von Račak“ Mitte Januar 1999 werden. Auch hier kam es zu einem Überfall von UÇK-Kombattanten auf serbische Polizeieinheiten, die in Račak zurückschlugen. Nach dem Gefecht wurden insgesamt 45 Tote in Zivilkleidung aufgefunden, davon 40 direkt in Račak und weitere fünf in der näheren Umgebung. Die serbische Polizei beharrte darauf, daß es sich hier um UÇK-Kombattanten handelte, die absichtlich in Zivilkleidung dort abgelegt worden seien, um ein serbisches Massaker zu suggerieren.

Verhandlungen scheitern an serbischem Widerstand

Festzuhalten ist, daß die genauen Umstände des „Massakers von Račak“ bis heute nicht geklärt sind. Das gleiche gilt für den ominösen „Operationsplan Hufeisen“, der die systematische Vertreibung der Kosovo-Albaner aus dem Kosovo beinhalten soll. Daß die jugoslawische Regierung jemals einen derartigen Plan verfolgt hat, konnte bisher nicht bewiesen werden. 

Eine internationale Konferenz, die in Schloß Rambouillet in der Nähe von Paris im Februar 1999 einberufen wurde, sollte eine friedliche Lösung herbeiführen. Wenn es nicht gelänge, ein Abkommen zu fixieren, würde die Nato militärisch eingreifen. Die jugoslawische Delegation sperrte sich vor allem gegen den militärischen Teil des Abkommens, der eine Besetzung des Kosovo durch Nato-Truppen vorsah. Im Nachgang zu den Verhandlungen wurde bekannt, daß die jugoslawische Delegation den vollständigen Text des Rambouillet-Abkommens offenbar erst am letzten Verhandlungstag ausgehändigt bekommen hatte, darunter jene Kapitel, die die militärische Umsetzung des Abkommens und den kontroversen Anhang B enthielten, der die freie Beweglichkeit der Nato in ganz Jugoslawien vorsah. Wenig überraschend lehnte es die serbische Seite ab, dieses Abkommen zu unterzeichnen.

„Nie wieder Auschwitz, nie wieder Völkermord, nie wieder Faschismus. Beides gehört bei mir zusammen“

So setzten am 24. März 1999 die Luftangriffe der Nato auf Serbien ein (Operation Allied Force), an denen sich auch Deutschland beteiligte. Der damalige Außenminister Joschka Fischer legitimierte das deutsche Engagement, indem er eine Parallele zu Auschwitz zog: „Nie wieder Auschwitz, nie wieder Völkermord, nie wieder Faschismus. Beides gehört bei mir zusammen.“ Einige Wochen später lenkte Miloševic ein; er akzeptierte nun mehr oder weniger jene Forderungen, die bereits in Rambouillet mit Blick auf die serbische Seite erhoben wurden.

Die Kosovo-Albaner konnten sich als Gewinner in einem Befreiungskrieg sehen, der ihnen den Weg in die Unabhängigkeit bahnte. Auch im Westen wird die Intervention gemeinhin als Erfolg gewertet. Dieser Erfolg wurde aber um den Preis einer Entfremdung von Rußland erkauft, das die Intervention gegen seinen Protegé Serbien nicht verhindern konnte. Putin hat hieraus seine Lehren gezogen. 

JF 13/24

Proserbische Demonstranten protestieren 1999 gegen eine Nato-Beteiligung am Kosovokrieg: Die Folgen des Konflikts reichen bis in die Gegenwart Foto: picture-alliance / dpa | Wolfgang Kumm
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