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Geschichte der USA: Am Anfang von New York war der Filzhut

Geschichte der USA: Am Anfang von New York war der Filzhut

Geschichte der USA: Am Anfang von New York war der Filzhut

Siedler von Neu-Amsterdam bedrängen Peter Stuyvesant (blaue Schärpe), die Ortschaft kampflos an die Briten zu übergeben; die Übernahme und Umbenennung in New York folgte.
Siedler von Neu-Amsterdam bedrängen Peter Stuyvesant (blaue Schärpe), die Ortschaft kampflos an die Briten zu übergeben; die Übernahme und Umbenennung in New York folgte.
Siedler von Neu-Amsterdam bedrängen Peter Stuyvesant (blaue Schärpe), die Ortschaft kampflos an die Briten zu übergeben; die Übernahme und Umbenennung in New York folgte Foto: picture alliance / World History Archive | –
Geschichte der USA
 

Am Anfang von New York war der Filzhut

1624 gründeten wallonische Familien auf der Halbinsel Manna-hatta die Kolonie Neu-Amsterdam, das später zu New York wurde. Bis es soweit war, galt es für die Siedler, Konflikten mit der Krone und Indianern zu trotzen.
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Das Zeitalter der europäischen Entdeckungen begann im frühen 16. Jahrhundert mit einem Paukenschlag. Die Spanier brachten aus ihren eroberten Indianerreichen in Mexiko und Peru Gold und Silber in unglaublichen Mengen nach Europa. Die Portugiesen fanden den Seeweg nach Indien und errichteten ihr lukratives Gewürzimperium. Im Unterschied dazu waren die Entdeckungsreisen der Holländer, Engländer und Franzosen an der nordamerikanischen Küste wenig ergiebig. Anstatt auf Gold und Gewürze stießen sie auf eine rauhe Landschaft mit wehrhaften Indianern, und auch die so intensiv gesuchte Passage nach China wollte sich nicht zeigen.

Auch Giovanni da Verrazzano, der 1524 im Auftrag des französischen Königs die Ostküste der heutigen USA erkundete, war enttäuscht von seinen Entdeckungen. In der heutigen New York Bay und an der Mündung des Hudson Rivers fand er nur ärmliche Indianerdörfer, bei denen außer Holz und Biberfellen nichts zu holen war. Kein Denken daran, in dieser unwirtlichen Gegend eine Siedlung zu gründen. Auch Holländer, Portugiesen und Engländer, die in den folgenden Jahrzehnten die Bucht ansteuerten, verzichteten auf eine feste Niederlassung.

Möglicherweise hätte die Besiedlung Nordamerikas und die Gründung holländischer, englischer oder französischer Kolonien noch lange auf sich warten lassen, hätte sich nicht an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert in Europa eine Revolution der Hutmode entwickelt, die zu einer enormen Ausweitung des bis dahin unbedeutenden Biberfellhandels führte. Die Rede ist vom Filzhut in seinen hohen oder breitkrempigen Varianten, mit denen bald jeder Mann von Welt bei öffentlichen Anlässen prunken wollte. Da der Filz für diese Hüte aus dem enthaarten Unterfell des Bibers gewonnen wurde, explodierte die Nachfrage nach Biberfellen – und das gerade zu einer Zeit, als der Nachschub von Biberfällen aus Rußland aufgrund der intensiven Bejagung stockte.

Zuerst siedelten Pelzhändler am Hudson River

So dauerte es nicht lange, bis ab 1600 holländische, englische und französische Händler versuchten, an der nordamerikanischen Küste mit Indianern in Kontakt zu treten, um ihnen so viele Biberfälle wie möglich abzukaufen. Im Auftrag der niederländischen Generalstaaten erforschte Henry Hudson 1609 erneut die Bucht von New York und erkundete den nach ihm benannten Fluß. Der Hudson River erwies sich zwar nicht als die erhoffte Durchfahrt zum Pazifik, wohl aber als idealer Handelsweg zu biberreichen Gegenden mit jeder Menge handelsbereiter Indianer. Schon ab 1611 begannen holländische Pelzhändler in der warmen Jahreszeit am Ufer des Hudson Rivers zu kampieren, um Biberfellgeschäfte abzuwickeln, die sich bald als so gewinnbringend erwiesen, daß in den Generalstaaten die Gründung einer permanenten holländischen Kolonie ins Auge gefaßt wurde.

Die Verleihung des Handelsmonopols für Biberfelle an die neu gegründete niederländische Westindien-Kompagnie war deswegen 1621 ausdrücklich mit der Auflage verbunden, eine dauerhafte Kolonie am Hudson River anzulegen. Das war leichter gesagt als getan, weil sich mittlerweile auch in Europa herumgesprochen hatten, daß das Leben in der Neuen Welt alles andere als ein Zuckerschlecken war. So war um 1590 eine komplette englische Ansiedlung in den Outer Banks im heutigen North Carolina spurlos verschwunden, und 1622, mitten in der Anwerbephase für die holländische Kolonie, hatten sich die Indianerstämme im Umkreis der englischen Kolonie Jamestown erhoben und ein Drittel der Siedler massakriert.

Trotzdem fanden sich dreißig wallonische Familien, die genug Wagemut und Gottvertrauen besaßen, um 1624 am Ufer einer Halbinsel am Hudson River an Land zu gehen und die Kolonie „Neu-Amsterdam“ zu gründen. Damit auch alles seine Richtigkeit hatte, bestand die holländische Regierung darauf, die Landnahme mit den Indianern vertraglich abzusichern. So kam es 1626 zu dem berühmten „60-Gulden-Vertrag“, mit dem die Holländer einen Teil der Halbinsel „Manna-hatta“ erwarben. Der Verhandlungsleiter auf holländischer Seite war der aus Wesel stammende Kaufmann Peter Minuit, der auch der erste Gouverneur der neuen Kolonie wurde.

Der neue Gouverneur griff hart durch

Allerdings ließ sich die Geschichte Neu-Amsterdams nicht gut an. Zu viele drängten in den Biberfellhandel, zu wenige plagten sich mit der Urbarmachung der Felder, auch wenn dazu Sklaven aus der Karibik eingeführt wurden. Weil die holländischen Gouverneure keine ausreichende Exekutive besaßen, kam es bald zu Mord und Totschlag zwischen verfeindeten Siedlern und zur Verschlechterung des Verhältnisses zu den Indianern. Sogar der Biberfellhandel geriet ins Stocken, als es den Franzosen gelang, mit der Neugründung von Montreal (1643) ein erfolgreiches Biberfell-Handelszentrum am Sankt-Lorenz-Strom zu etablieren.

In dieser Situation ernannten die Direktoren der Westindien-Kompagnie Peter Stuyvesant, den ehemaligen Gouverneur der holländischen Karibikinseln, zum neuen Gouverneur. Peter Stuyvesant, der in den Kämpfen gegen die Engländer ein Bein verloren hatte und sich nur mit einem Holzbein fortbewegen konnte, ist als ein populäres Original in die nordamerikanische Kolonialgeschichte eingegangen, auch wenn er zu seinen Lebzeiten hoch umstritten war. Sofort nach seinem Amtsantritt im Jahre 1649 begann der neue Gouverneur mit einer Reihe energischer Maßnahmen die öffentliche Ordnung wiederherzustellen.

Wer dem Gouverneur widersprach, landete in dem neu errichteten Gefängnis, wer das Gesetz übertrat, mußte mit dem Galgen rechnen. Stuyvesant ließ im Norden Neu-Amsterdams einen Verteidigungswall errichten, aus dem später die „Wall Street“ entstand. Außerdem etablierte er eine breite Handelsstraße, den „Broadway“, der aus Neu-Amsterdam heraus in den Norden von Manna-hatta führte.

Indianer erhoben sich gegen europäische Siedler

Allerdings regte sich Widerstand gegen das strenge Regiment des Gouverneurs. Die „Patroons“, die Großgrundbesitzer, weigerten sich, den Anweisungen des Gouverneurs zu folgen und schickten Beschwerdebriefe nach Amsterdam. Stuyvesants Verbot, den Indianern Feuerwaffen zu verkaufen, beeinträchtigte den Biberfellhandel. Außerdem war in der Nachbarschaft von Neu-Amsterdam die schwedische Kolonie „Neu-Schweden“ entstanden, mit der es bald zu militärischen Auseinandersetzungen kam. Eine Protestdelegation der Kolonisten aus Neu-Amsterdam erreichte 1652 sogar die Abberufung des Gouverneurs – die aber vom Direktorium in Amsterdam sofort widerrufen wurde, als der Erste Englisch-Holländische Krieg (1652 bis 1654) ausbrach. Stuyvesant blieb also im Amt und regierte ganz unabhängig von Eingaben und Prozessen weiter nach seinem Gusto. 1653, dem Jahr, in dem Neu-Amsterdam die Stadtrechte erhielt, umfaßte Neu-Amsterdam – inklusive Sklaven – bereits 1.500 Einwohner.

Trotzdem trübten sich die Verhältnisse weiter ein. Der langjährige Verkauf von Feuerwaffen an Indianer hatte zur Intensivierung innerindianischer Konflikte beigetragen. Die Kunde von dem Vernichtungskrieg der Irokesen gegen die nordwestlich des Ontariosees siedelnden Huronen drang damals als Schreckensnachricht bis an den Hudson. Längst hatte rund um Neu-Amsterdam das große Sterben unter den Indianern begonnen, denn gegen die von Europäern eingeschleppten Krankheiten wie Pocken, Masern, Diphterie, Beulenpest oder Amöbenruhr besaßen die Indianer keinerlei Immunität.

In einer Mischung aus Empörung und Verzweiflung erhoben sich die Algonkin-Indianer der Hudsonregion im Jahre 1655, um die Verursacher dieser Plagen aus dem Land zu jagen. Während Stuyvesant zum Zeitpunkt des Aufstandes mit seinen Milizen gegen die Schweden kämpfte, zerstörten die Indianer Dutzende von Farmen und töteten über hundert holländische Siedler.

Aus Neu-Amsterdam wurde New York

Erst drei Jahre später gelang es dem Gouverneur nach seinem Sieg über die Schweden, mit den Indianern zu einem neuen Übereinkommen zu gelangen. Bei einem Treffen Stuyvesants mit den Algonkinhäuptlingen am Hudson River wurde 1658 ein neuer Landkauf vereinbart, aus dem später Jersey City hervorgehen sollte.

Diese Erfolge konnten aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Position der Holländer immer schwieriger wurde. Inzwischen hatte ein ganzer Kranz neugegründeter englischer Kolonien Neu-Amsterdam im Norden und Süden eingekreist, und der aus dem französischen Exil auf den Thron zurückgekehrte König Karl II. war fest entschlossen, diesen holländischen Fremdkörper in seiner englischen Kolonie in Nordamerika zu beseitigen. Ein unerklärter Kaperkrieg begann, an dessen Ende 1664 der Herzog von York, der Bruder des Königs, an der Spitze einer großen englischen Flotte in der Bucht von New York erschien, um die holländische Kolonie einzunehmen.

Stuyvesant, der zur Gegenwehr entschlossen war, scheiterte am Desinteresse der Bevölkerung. Sie weigerte sich, zu den Waffen zu greifen, weil die Engländer versprachen, daß sich an den Besitzverhältnissen und Handelskontakten unter ihrer Herrschaft nichts ändern würde.

So ging Neu-Amsterdam fast kampflos in die Hände der Engländer über. Der kurz darauf ausbrechende Zweite Englisch-Holländische Krieg (1664 bis 1667) sanktionierte diese Entwicklung. Im Frieden von Breda verzichtete Holland 1667 im Tausch gegen Surinam endgültig auf seine Rechte an Neu-Amsterdam. Peter Stuyvesant quittierte den Dienst und verlebte seine letzten Jahre auf seinem Landgut vor den Toren von Neu-Amsterdam, das von nun an New York hieß.

JF 17/24

Siedler von Neu-Amsterdam bedrängen Peter Stuyvesant (blaue Schärpe), die Ortschaft kampflos an die Briten zu übergeben; die Übernahme und Umbenennung in New York folgte Foto: picture alliance / World History Archive | –
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