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Bernd Zimniok, Demografie, Massenmigration

Souverän, aber eben nicht allmächtig

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Souverän, aber eben nicht allmächtig

 

Souverän, aber eben nicht allmächtig

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Je weiter sich die Bundesrepublik, die 2009 ihren 60. Geburtstag zelebrieren darf, von der „Besatzungszeit“ entfernt, desto drängender scheinen die Zweifel an ihrer Souveränität zu werden, wie der sanfte Sturm im Wasserglas zu „Kanzlerakte“ und alliiertem „Medienvorbehalt“ zeigt, den „mißverständliche“ Formulierungen des ehemaligen MAD-Chefs Gerd Helmut Komossa auslösten (JF 4/08).

Daß so ein „Windei“ überhaupt Beachtung fand, erklärt sich aus einem paradoxen Befund: Zwar wurde Konrad Adenauer gleich in den Gründungstagen der Bundesrepublik von Kurt Schumacher als „Kanzler der Alliierten“ beschimpft. Dabei wirken doch alle Regierungschefs bis hin zu Helmut Schmidt bei weitem weniger willfährig gegenüber ihren „Befreiern“ als dann Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Angela Merkel, die in einem seit 1990 angeblich rundum „souveränen“ Staatswesen an den Machthebeln saßen und sitzen.

Warum soviel Mißtrauen nach 1990, das vor dem Mauerfall doch wohl eher begründet war? Denn bis zum Zwei-plus-Vier-Vertrag im September 1990 waren schließlich weder BRD noch DDR souveräne Staatswesen, obwohl vor allem die westdeutsche politische Klasse und ihre staatsrechtlichen Clerks nicht müde wurden, für das Bonner Gebilde das Gegenteil zu reklamieren.

Daß sich der Argwohn trotzdem erst gegen die Berliner Republik richtet, ist so unverständlich nicht. Bundeskanzler Kohl schien die Souveränität nur erlangt zu haben, um sie im Handumdrehen wieder zu verschenken. Maastricht, die Abschaffung der D-Mark, die Verstrickung in die außenpolitischen Abenteuer der USA, ja selbst die Bitte an „Freund“ Mitterrand, weiterhin möglichst viele französische Soldaten auf dem Territorium der Bundesrepublik zu stationieren, nährten den Verdacht, hier werde alles andere als „selbstbestimmte“ Politik getrieben.

<---newpage---> Restbestände des alliierten Besatzungsrechts nach 1990

Schröder zog zwar nicht mit in den Irak, war aber im Kosovo mit von der Partie, stand getreu seiner am 11. September 2001 ausgegebenen Parole „Wir sind alle Amerikaner“ auch sonst für Washington Gewehr bei Fuß und machte sich für den schwerlich dem „Wohl des deutschen Volkes“ dienenden EU-Beitritt der Türkei stark. Und es gibt kaum Anhaltspunkte dafür, der Außenpolitik des Kabinetts Merkel/Steinmeier keine „Kontinuität“ bescheinigen zu können.

Wer zu Verschwörungsszenarien neigt, ist hier gleich mit den „Bilderbergern“ oder anderen „überstaatlichen Mächten“ zur Stelle. Wer seriöser wirken möchte, argumentiert juristisch. So folgert Hans-Peter Tietz, ehemaliger Abgeordneter der DDR-Volkskammer, die Bundesrepublik sei nur vermeintlich souverän und stehe weiter unter Besatzungsrecht, weil der Zwei-plus-Vier-Vertrag explizit die Fortgeltung von Teilen des „Überleitungsvertrags“ von 1954 festschreibe. Kein Wunder, so Tietz, daß die deutsche Politik heute noch „fremdgeprägt“ sei.

Ob man aber wie Tietz aus den Regelungen über konfiszierte deutsche Auslandsvermögen, die 1990 der gesetzgeberischen Disposition auch des „souveränen“ deutschen Gesetzgebers tatsächlich entzogen blieben, gleich auf Euro-Umstellung, EU-Osterweiterung und Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee schließen darf, ist indes mit guten juristischen Gründen zu verneinen.

Ebenso ist Tietz’ kühne Unterstellung zurückzuweisen, daß der Ausschluß von Ansprüchen und Klagen in Sachen Auslandsvermögen zugleich die Opfer allen alliierten Unrechts, die Bomben- und Vertreibungsopfer, an der „Rechtsverfolgung“ hindern solle.

Was wirklich noch an „Restbeständen“ des alliierten Besatzungsrechts fortgilt, ist Michael Rensmanns juristischer Dissertation über „Besatzungsrecht im wiedervereinigten Deutschland“ (Baden-Baden 2002) zu entnehmen. Das waren im wesentlichen originär okkupationsrechtlich begründete Stationierungsrechte, die sich seit 1998, beschränkt auf die alten Bundesländer, aber ausschließlich aus einer Ergänzung des Nato-Truppenstatuts herleiten.

<---newpage---> Jede Nation ist souverän, keine aber allmächtig

Als völkerrechtlich problematisch ist auf diesem Sektor allein noch die Legitimation der vom US-Geheimdienst betriebenen Abhörstation Echelon in Bad Aibling anzusehen – neben der Überwachung des deutschen Post- und Fernmeldeverkehrs durch andere ausländische Einrichtungen, „ein sensibler Bereich“, in den vorzustoßen Rensmann „ergebnislos“ abbrach.

Die einzige Irritation, die das Thema bei Rensmann darüber hinaus auslöste, ergibt sich aus der gesetzlichen Abwicklung besatzungsrechtlicher Residuen durch die Bundesregierung. Die werde „nur äußerst zögernd“ vorangetrieben (zuletzt durch das seit 30. November 2007 geltende Gesetz zur Bereinigung des Besatzungsrechts), so als scheue sie davor zurück, „ihre volle Souveränität und Gleichberechtigung in Bündnis und Staatengemeinschaft deutlich sichtbar zu machen“.

Daher dürfe die Frage erlaubt sein, „wie frei“ 1990 „jener deutsche Wunsch nach fremden Truppen auf deutschem Boden tatsächlich gewesen sein kann“. Und „nur mutmaßen“ über den Ausgang der Zwei-plus-Vier-Gespräche könne man, hätte Kohl weiter in Sachen Oder-Neiße-Grenze „taktiert“ oder hätte „Deutschland von Anfang an darauf bestanden, daß alle fremden Truppenteile von deutschem Boden abgezogen werden“.

Dies klingt wie ein Angebot an Verschwörungstheoretiker. Doch Nachgiebigkeit in zwischenstaatlichen Verhandlungen ist selten das Werk dunkler Mächte, sondern resultiert daraus, daß jede Nation souverän, keine aber allmächtig ist.

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