Das Volk hat sie geliebt, die Obrigkeit sich erst lange in ihrem Glanz gesonnt und sie dann verraten – nicht für 30 Silberlinge, sondern einen halben Euro. Am 20. Juni 1948, ein Jahr vor der Staatsgründung der Bundesrepublik, begann mit der Geburt der Deutschen Mark der Aufstieg aus den Ruinen: das auf den Westen des Landes beschränkte Wirtschaftswunder. Ludwig Erhard, sein Architekt, war nicht der leibliche Vater der neuen Währung. Er reklamierte das Besatzungskind erst dann für sich und seine Politik, als der Erfolg feststand. Die Linke rief damals (anders als später beim Euro) zum Generalstreik gegen das neue Geld auf. Sie lastete die der Währungsreform folgende Teuerungs- und Entlassungswelle der DM an statt der Aufhebung der Rationierung und Einführung der neuen Marktwirtschaft. Deutschland hat niemals so goldene Zeiten erlebt wie unter der DM. Arbeiten, Sparen, Investieren lohnte sich wieder, „Wohlstand für alle“ war kein Schlagwort mehr und „made in Germany“ ein verläßlicher Exportschlager geworden. Staatshaushalt und Sozialsystem mußten nicht saniert werden, sie waren solide finanziert. Deutschlands (damals noch) Soziale Marktwirtschaft war ein Modell für alle Welt. Jetzt, da feststeht, daß aus dem Euro ein Teuro und keine „europäische DM“ geworden ist, droht die Erinnerung an diese Vergangenheit den Wunschtraum Europa in einen Alptraum zu verwandeln. Daran sollten die guten Europäer in den politischen Parteien heute denken. Prof. Dr. Wilhelm Hankel leitete unter Karl Schiller die Abteilung Geld und Kredit im Bundeswirtschaftsministerium. Sein jüngstes Buch „Die Euro-Lüge und andere volkswirtschaftliche Märchen“ erschien 2008 im Signum-Verlag, Wien. Abbildung: Das Volk hat sie geliebt: Goldene Zeiten
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