FREIBURG. Der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen fordert einen grundlegenden Kurswechsel in der deutschen Einwanderungs- und Einbürgerungspolitik. Die Migrationspolitik sollte sich stärker am Nutzen für die Gesellschaft orientieren, sagte der der Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Freiburg in einem Interview mit der Bild.
„Bei uns läuft bei Einwanderung und Einbürgerungspolitik vieles schief. Die Regierung sollte dringend umsteuern“, sagte Raffelhüschen. Migration müsse sich „für die Gesellschaft und den Sozialstaat rechnen“, nur so könne Deutschland auf lange Sicht profitieren.
Es gebe dabei drei Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche und nachhaltige Migrationspolitik: Geschlecht, Alter und kulturelle Integration. Studien zeigten, daß Deutschland nur von jungen und qualifizierten Menschen profitiere. Besonders das Ungleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Migranten sei problematisch. „Männer kommen zu viele. Hier brauche es ein Gleichgewicht.“
„Die Migranten müssen nach unserer christlich-liberalen Leitkultur leben“
Raffelhüschen sprach sich außerdem dafür aus, daß Migranten früh in den Arbeitsmarkt eintreten sollten. „Wer mit 30 Jahren noch ungelernt ist und erst spät anfängt, Steuern zu zahlen, kann kaum zur Volkswirtschaft beitragen“, erklärte der Volkswirt. „Ab 30 eigentlich nur noch die hochqualifizierte Einwanderung von Fachkräften.“
Entscheidend sei dabei auch kulturelle Kompatibilität. „Die Migranten müssen nach unserer christlich-liberalen Leitkultur leben wollen und diese nicht bekämpfen“, betonte der Ökonom. Einwanderer, die die deutsche Ordnung ablehnten, sollten weder einreisen noch eingebürgert werden.
Sein Appell: die Einwanderungspolitik künftig stärker auf Integrationsfähigkeit und Übereinstimmung mit den Werten des Landes auszurichten. „Wir brauchen eine Einwanderungspolitik, die langfristig funktioniert.“
Auch Hessens Innenminister äußert Kritik an Einwanderungspolitik
Die Zahl der Einbürgerungen in Deutschland hat in den letzten Jahren Rekordwerte erreicht. 2024 erhielten rund 291.000 Ausländer den deutschen Paß, was einem Anstieg von 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. In Berlin hat sich die Zahl der Einbürgerungen im Jahr 2025 nochmals beschleunigt. Zwischen Januar und Juni wurden bereits 20.000 Migranten eingebürgert – doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum.
Kritik an den Einbürgerungszahlen kam zuvor bereits von Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU). Er warf der Ampelregierung vor, die deutsche Staatsbürgerschaft zu leichtfertig zu vergeben. „Die Migrationswende muß auch beim Thema Einbürgerung wirksam werden“, sagte der Politiker.
Derzeit plant Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) am Montag gemeinsam mit seinem polnischen Amtskollegen Tomasz Siemoniak die polnisch-weißrussische Grenze zu besuchen, um sich über die polnischen Schutzmaßnahmen an der EU-Außengrenze zu informieren. (lb)