BERLIN. Fünf deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Wachstumsprognosen nach unten korrigiert. In einer „Gemeinschaftsdiagnose“ im Auftrag der Bundesregierung gehen sie von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,6 Prozent im laufenden Jahr aus. Zuvor hatten die Experten einen Anstieg um 0,3 Prozent erwartet. Die Aussichten für das kommende Jahr sind ebenfalls gesunken: Zwar werde das Ende der Rezession im Jahr 2024 weiterhin erwartet, doch mit 1,3 Prozent soll das BIP um 0,2 Prozentpunkte langsamer als in den ursprünglichen Analysen wachsen.
Der leitende Makroökonom am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle, Oliver Holtemöller, führte den Umstand auf die Lage in der Industrie sowie den privaten Konsum zurück. Diese würden sich „langsamer erholen, als wir im Frühjahr erwartet haben“, erklärte er. Im Papier merken die Wirtschaftsexperten an, die Sparquote sei zwischen Januar und Juni auf 12,3 Prozent gestiegen. Obwohl sich die verfügbaren Einkommen der Haushalte „sehr kräftig“ entwickelten, haben die Inflation, die damit verbundenen Kaufkraftsverluste und die Unsicherheit der Verbraucher die Konsumnachfrage „offenbar stärker gedämpft“.
Deutliche Kritik an der Wirtschaftspolitik der Ampel
Schuld an der Unsicherheit trägt laut den Volkswirten die Bundesregierung. Ihre Politik erschwere ökonomische Planungen und trage dazu bei, daß die Konjunktur „nicht zügig“ aus dem Abschwung herausfinde, schreiben sie in ihrer Analyse. Die Ampel setze auf „kleinteilige Eingriffe in die Entscheidungen der Unternehmen und Haushalte“ statt effizienter marktwirtschaftlicher Instrumente.
Zugleich vermeldeten die beteiligten Institute, daß sich die Lage „an der Preisfront“ entspanne. Berechnungen zufolge soll die Inflation im kommenden Jahr auf 2,6 Prozent sinken, ebenso wie die Zahl der Arbeitslosen. Dennoch halten die Experten eine ganzheitliche Verbesserung der Standortbedingungen für notwendig, um die Investitionsbereitschaft zu erhöhen. Nach Einschätzung der Ökonomen reicht das geplante Wachstumschancengesetz dafür nicht aus. Der geplante Gesamtvolumen von jährlich knapp sieben Milliarden Euro sei gering und die vorgesehenen Steuersenkungen verschlechtern laut dem Dokument die Kommunalfinanzen. (kuk)