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Energiewende: Der Bürger zahlt die Klima-Zeche

Energiewende: Der Bürger zahlt die Klima-Zeche

Energiewende: Der Bürger zahlt die Klima-Zeche

Trotz der erwarteten Rezession steigen die Strompreise
Trotz der erwarteten Rezession steigen die Strompreise
Trotz der erwarteten Rezession steigen die Strompreise Foto: picture alliance Christoph Hardt/Geisler-Fotopress
Energiewende
 

Der Bürger zahlt die Klima-Zeche

Das verschärfte Bundes-Klimaschutzgesetz geht weit über die EU-Vorgaben hinaus: Statt 2050 soll Deutschland nun schon 2045 „klimaneutral“ werden. Auch der jährliche CO2-Ausstoß in der deutschen Stromerzeugung soll sinken – das wird teuer, für Verbraucher wie Unternehmer.
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Vor 21 Jahren trat das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft, um „Abnahme und die Vergütung von Strom, der ausschließlich aus Wasserkraft, Windkraft, solarer Strahlungsenergie, Geothermie, Deponiegas, Klärgas, Grubengas oder aus Biomasse“ deutlich zu erhöhen. Was harmlos klang, entpuppte sich als eines der streitbarsten Elemente der sogenannten Energiewende. Kein anderes deutsches Gesetz wurde wegen rechtlicher Bedenken und negativer Gerichtsurteile bereits achtmal reformiert – und keine Regelung in Europa treibt die Strompreise für die Verbraucher derart in die Höhe.

Aus 13,9 Cent pro Kilowattstunde (kWh) wurden innerhalb von zwei Jahrzehnten 31,9 Cent – der weltweit höchste Strompreis. Im EU-Schnitt sind es nur 20,5 Cent. In den USA zahlen Verbraucher 13 Cent. Die deutschen 31,9 Cent sind zu 51,4 Prozent staatlich veranlaßten Steuern, Abgaben und Umlagen geschuldet – den Hauptanteil macht mit 6,5 Cent (20,4 Prozent) die EEG-Umlage aus. Doch nicht jeder muß diesen Höchstpreis zahlen, denn für Teile der Wirtschaft gibt es Ausnahmen.

Mit dem Inkrafttreten des EEG 2021 gilt mit der „Besonderen Ausgleichsregelung“ nach Paragraph 63 eine Neufassung für die energieintensive Industrie – sprich: Die größten Energieverbraucher sind weiterhin durch ein komplexes Antragsverfahren von der EEG-Umlage befreit. Da die Subventionen für die Betreiber von Windrädern, Solarmodulen und Biogasanlagen nicht sinken, zahlen die Firmen und Privathaushalte die Umlage für die „Privilegierten“ mit. Dazu zählten 2020 insgesamt 2.719 Unternehmen – von der AB-Gusstech in Aschaffenburg über die Deutsche Bahn, die Milchwerke Schwaben, die Ostrauer Kalkwerke und Saarstahl bis hin zur ZWS-Recycling in Regensburg.

Strompreise steigen unaufhaltsam an

Viele dieser Unternehmen hätten ohne diese EEG-Befreiung ihre deutschen Standorte reduziert oder geschlossen, weil ihre Produkte international schlicht zu teuer wären. Und die Zahl der EEG-Befreiten wird absehbar weiter steigen, denn immer mehr Firmen leiden unter den Wettbewerbsnachteilen. In Deutschland wurden an einem Produktionsstandort mit einem Jahresverbrauch zwischen 20.000 und 70.000 Megawattstunden (Mwh) im Schnitt 12,06 Cent pro kWh fällig, im Wasser- und Atomkraftland Schweden gibt es Industriestrom für 4,6 Cent.

Eine Studie des Prognos-Instituts im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) prognostiziert bis 2030 einen Anstieg des Strompreises an der Börse EEX auf über sechs Cent pro kWh. 2020 sank der durchschnittliche Börsenpreis pandemiebedingt auf 3,1 Cent, eine Verdopplung dieses Preises bis 2030 trifft alle Verbraucher in gleichem Umfang. Bereits heute investieren internationale Stahlkonzerne kaum noch in ihre deutschen Standorte, es wird vermehrt in den Nachbarländern produziert. Eine Verdopplung des EEX-Börsenpreises würde Standortschließungen in Deutschland und Produktionsverlagerungen massiv beschleunigen.

Die düstere Strompreisprognose basiert auf einer Reihe von Faktoren. Das im Mai von der Bundesregierung verschärfte Bundes-Klimaschutzgesetz geht nämlich weit über die EU-Vorgaben hinaus: Das deutsche „Treibhausgasminderungziel“ für 2030 steigt von 55 auf 65 Prozent im Vergleich zu 1990. Für 2040 gilt jetzt ein erhöhtes Zwischenziel von 88 Prozent. Statt 2050 soll Deutschland nun schon 2045 „klimaneutral“ werden.

Bayern soll bis 2040 „klimaneutral“ werden

Nach 2050 soll der Atmosphäre sogar CO2 entnommen werden („negative Emissionen“). Bis 2030 soll der jährliche CO2-Ausstoß in der deutschen Stromerzeugung von 280 auf 108 Millionen Tonnen im Vergleich zu 2020 sinken. Bislang war eine Senkung auf 175 Millionen Tonnen gesetzlich gefordert. Von der heimischen Industrie wird eine Verminderung von 186 auf 118, im Verkehrssektor von 150 auf 85 und bei der Gebäudeheizung von 118 auf 67 Millionen Tonnen CO2 verlangt.

Bayern ist das nicht ambitioniert genug, der Freistaat soll sogar schon bis 2040 „klimaneutral“ werden: „Wir brauchen eine Cleantech-Offensive mit mehr erneuerbaren Energien, Agrarsolarparks, Photovoltaik-Pflicht auf Neubauten, Urban Farming, Holz vor Beton, Ausbau von ÖPNV und Schiene sowie ökologisches Fahren mit einem Ende des fossilen Verbrennungsmotors bis 2035“, erklärte Markus Söder nach der jüngsten Sitzung des CSU-Vorstands. Die Energieerzeuger müssen daher ihren CO2-Ausstoß auf 108 Millionen Tonnen senken. Diese Verknappung wird den Börsenpreis für CO2-Emissionszertifikate deutlich treiben, was sich direkt auf den Erzeugerstrompreis auswirkt.

Als Folge rechnet Prognos mit einer früheren Abschaltung deutscher Kohlekraftwerke. Die Grundlastsicherung müßte dann über bestehende und neu zu bauende – teure – Erdgaskraftwerke erfolgen. Das dürfte zu deutlich steigenden Gaspreisen führen, was sich ebenfalls auf die Stromerzeugungskosten auswirkt. Daher „sollten so wenig Gaskraftwerke wie möglich gebaut werden“, fordert VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Stattdessen sollten „Hemmnisse wie zu strenge Abstandsregeln bei der Windenergie“ schnellstmöglich beseitigt werden.

Steigende „CO2-Bepreisung“ finanziert „Erneuerbare“

Denn der Stromverbrauch in Deutschland könnte schneller und stärker steigen als die Produktion von Ökostrom: Bis 2030 sollen sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen sein, verlangt die Bundesregierung. Auch aus diesem Grund sorgte sich der Bundesrechnungshof (JF 16/21) um eine „sichere und bezahlbare Stromversorgung“ in Deutschland. Und dieser Engpaß wird die Strombörsenpreise weiter treiben. Fragwürdig im Prognos-Gutachten sind zweifellos die angenommenen sehr hohen Wachstumsraten für die Elektromobilität. Auch die Probleme beim Stromnetzausbau sind längst nicht gelöst. Unstrittig sind jedoch die Annahmen über den massiven Anstieg des Strombedarfs durch die seitens der Bundesregierung angesetzte Wasserstoff-Strategie.

„Grüner“, also mit Ökostrom produzierter Wasserstoff, muß in den kommenden Jahren in großem Umfang produziert werden, damit Industrieunternehmen ihre Produktion und eigene Energieerzeugung „klimaneutral“ umstellen können – und um den steigenden CO2-Emissionspreisen zu entgehen. Zudem wird die seitens der Bundesregierung geförderte Umstellung von Gebäudeheizungen auf Wärmepumpen für einen deutlichen Anstieg des Stromverbrauchs in der Jahreszeit sorgen, in der sowieso Ökostrom nur in geringerem Ausmaß zur Verfügung steht.

Einige Jahre sank der Strombörsenpreis durch Überkapazitäten und 2020 coronabedingt durch geringere Firmenverbräuche. Dadurch drohte das EEG-Subventionsvolumen den Endpreis des Stroms auf 35 Cent pro kWh zu treiben – Ökostrom ist schließlich vorrangig abzunehmen und zu vergüten. Die Bundesregierung deckelte die EEG-Umlage auf 6,5 Cent. Den EEG-Anlagenbetreibern fließen nun Steuergelder in Höhe von elf Milliarden Euro zu.

Finanziert werden soll das durch die „CO2-Bepreisung“ (Brennstoffemissionshandelsgesetz; JF 43/20), die Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas drastisch verteuern soll. Auch durch den prognostizierten starken Anstieg der Strombörsenpreise wird die EEG-Umlage in den kommenden Jahren also trotz steigender Windradzahlen sinken. Dies werden allerdings weder Industrie noch Haushalte bemerken, denn die sinkende EEG-Umlage fällt für den Bürger durch die insgesamt steigenden, inflationstreibenden Preise für Strom, Gas und Benzin weniger ins Gewicht.

JF 21/21

Trotz der erwarteten Rezession steigen die Strompreise Foto: picture alliance Christoph Hardt/Geisler-Fotopress
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