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Feder als Florett

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Ich habe nicht mitgezählt, wie oft mir die Frage, wie man ausgerechnet als Frau „zu den Rechten“ käme, in den vergangenen 15 Jahren gestellt wurde. Die Frage, wie man ausgerechnet als Mann zu konservativen Ansichten käme, ist umgekehrt keine geläufige.

Ich möchte Ihnen daher heute berichten, wie ich — also: ich als Frau — zur JUNGEN FREIHEIT gestoßen bin.

Mein Elternhaus ist, verkürzt gesagt, katholisch konservativ, der Vater wurde fünfjährig aus Niederschlesien vertrieben, die Mutter ist Spätaussiedlerin aus Oberschlesien. Der Vater ist freiheitsliebend bis hin zur Aufmüpfigkeit, die Mutter klassische Hausfrau, besorgt und fleißig. Im Alter von zehn Jahren wechselte ich auf ein privates katholisches Mädchengymnasium. Dort fand ich meine Lehrer.

Es waren die Ordensschwestern in Kunst und Latein, der Deutschlehrer und der Pfarrer, die mir, pathetisch gesprochen, den Weg wiesen. Ich fiel einerseits durch Leistung auf — natürlich nur in ein paar ausgewählten Fächern —, andererseits durch Abweichlertum. Öfter wurde ich zur Rektorin, zur Oberin, zitiert. Ich war aufsässig und hatte gewaltige Fehlzeiten. Meine Nächte verbrachte ich über den Lektüren, mit denen mich der verehrte Deutschlehrer versorgte: die „Nachtwachen“ Bon­aventuras, ein großer Teil des Knut Hamsunschen Werks, Schopenhauer und Nietzsche. Bei allem, was uns die anderen Lehrer predigten, galt für mich das Gebot: Tue genau das Gegenteil.

Wenn ich je getadelt wurde, lautete meine freche Antwort: „Ja und? Zum Muttersein und Kinderkriegen wird’s schon langen.“ Die Frage nach meiner persönlichen Definition von Weiblichkeit gehörte unbedingt dazu. In dieser Zeit der Suche sympathisierte ich daher auch durchaus mit feministischen Theorien.

Eines Tages sprach mich in der Offenbacher Stadtbücherei ein junger Mann an, den ich aus dem Bus kannte. Wir unterhielten uns. „Also bist du eher so linksrechts, oder rechtslinks“, diagnostizierte er, als wir uns verabschiedeten, und versprach: „Ich werf’ dir mal eine Zeitung in den Briefkasten, die dich vielleicht interessieren könnte.“ Das tat er. Der junge Mann war Claus Wolfschlag, die Zeitung war die JUNGE FREIHEIT. Was ich damals in diesem Monatsblatt las, war so etwas wie der missing link in meinem Weltbild. Ich war, das sage ich ohne aufzutragen, hocheuphorisiert. Damals war ich als freie Mitarbeiterin für die Offenbach-Post tätig und wähnte mich deshalb erfahren genug, auch für die JF etwas beizutragen. Immer wieder hatte ich mich in jener Zeit an meinen  Vorsatz erinnert: bis zum 30. Geburtstag eine Handvoll Kinder. Sämtliche Einwände gegen das, was Leute wie Simone de Beauvoir, Alice Schwarzer und ungezählte andere als „Mütterfalle“ beschrieben hatten, hatte ich mir angelesen und, natürlich, für mich widerlegt. Die Option Karrierefrau, kinderlos stand für mich nicht zur Debatte, das war ja kein ganzheitliches Konzept und mir, ja, auch nicht groß genug. Ein modernes Konzept, das oft dem Kinderwunsch diametral gegenübersteht, heißt „Selbstverwirklichung“. Das Verlangen danach hat durchaus seine Berechtigung. Es wäre antimodernes und naives Wunschdenken, das zu leugnen. Bis heute habe ich mich — neben dem Schreiben und dem eigenhändigen Ausbau unseres alten Ritterguts — ganz und gar in der Kindererziehung selbstverwirklicht.

Aber noch ein Wort zu dem in gegnerischen, aber auch in weitläufigeren Sympathisanten-Kreisen gelegentlich zu hörenden Vorwurf an die so gescholtenen „Jammer-Rechten“: Es heißt oft, wir Konservativen  würden uns in einer Klage-Ecke ganz gemütlich einrichten. 

Schon während meiner vieljährigen Zeit als freie Autorin fand ich diesen Vorwurf ziemlich ungerechtfertigt. Wer über die Schlagzeilen hinaus, das heißt, wer auch nur einigermaßen gründlich liest, kann das Konstruktive, Idealistische, das aller Kritik zugrunde liegt, doch gar nicht übersehen!

Durch meine Tätigkeit bei der Sezession kann ich erst heute richtig ermessen, was eine Redaktion wie die der JF geleistet und durchgestanden hat, welcher Beharrungswille hier am Werk war und ist. Absagen von Verlagen, Absagen von angefragten Interviewpartnern — das mag hier seit mehr als zwei Jahrzehnten als Alltagskram gelten. Wie viele Kampagnen hat die JF durchgestanden, wie oft haben sich Dieter Stein und seine Mitarbeiter erklärt, haben sich gerechtfertigt und haben dennoch auf Granit gebissen, sind öffentlich brüskiert, beleidigt, ja persönlich und tätlich angegriffen worden.

Hut ab vor diesem Durchhaltevermögen, vor der Souveränität, mit der all diese Angriffe bis heute gemeistert wurden. Ich danke also für die Schaffung und beharrliche Erhaltung eines solchen Forums und einer Gegenöffentlichkeit, die die JUNGE FREIHEIT sowohl ihren Lesern als auch ihren Autoren bietet.   

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