Besser im Leben eine Brotrinde als nach dem Tode ein Denkmal“, so lautet ein Sprichwort. Wieviel Wahrheit in ihm steckt, zeigt sich in Zeiten, in denen bestehende Denkmäler umgewidmet, neue jedoch allenfalls dem „unbekannten Deserteur“ errichtet werden, am Schicksal des zentralen Marine-Ehrenmals in Laboe. Einst erbaut, um den 1914/18 rund 35.000 auf See gebliebenen Angehörigen der Kaiserlichen Marine ein ehrendes Andenken zu bewahren, ist von seinem ursprünglichen Sinn nicht mehr viel übriggeblieben. Das Ehrenmal für die gefallenen deutschen Marinesoldaten zweier Weltkriege wurde zu einer „Gedenkstätte für die auf See Gebliebenen aller Nationen“. In Zukunft sollen zur Belustigung der zahlreichen Touristen auch Opern und Konzerte auf dem Gelände des Mahnmals aufgeführt werden. Neben dem Totengedenken sollte das Marine-Ehrenmal, dessen Grundstein am 8. August 1927 vom ehemaligen Chef der deutschen Hochseeflotte im Ersten Weltkrieg Admiral Reinhard Scheer gelegt wurde, auch als ein deutliches Zeichen für den Wunsch nach Wiederherstellung der deutschen Marineehre verstanden werden. Diese war nach damaliger Sicht in mehrfacher Weise befleckt worden: Zum einen verfügte Deutschland aufgrund des Verbotes durch den Versailler Vertrag über keine kriegstauglichen Marine mehr. Zum anderen waren es Teile der Marine gewesen, die Ende Oktober 1918 per Meuterei die Novemberrevolution einleiteten. Somit war es sicherlich kein Zufall, daß gerade Admiral Scheer, dessen letzter Flottenbefehl vom 16. Oktober 1918 den Aufruhr auslöste, den Grundstein für das Marine-Ehrenmal in Laboe legte – zwanzig Kilometer entfernt von Kiel, dem Ort, der dem Matrosenaufstand von 1918 seinen Namen gab. Eingeweiht wurde das Ehrenmal am 30. Mai 1936, dem 20. Jahrestag der Skagerrak-Schlacht, durch Vizeadmiral Adolf von Trotha im Beisein von Adolf Hitler. Nach dem Zweiten Weltkrieg von britischen Soldaten geplündert, sollte das Ehrenmal auf Anweisung des alliierten Kontrollrats zerstört werden. Dank des Einsatzes zahlreicher Fürsprecher, zu denen auch der spätere Bundesminister für Gesamtdeutsche Fragen und Vizekanzler Erich Mende (FDP, später CDU) gehörte, konnte es aber seiner geplanten Schleifung entgehen. Am 30. Mai 1954 übernahm der Deutsche Marinebund (DMB) das Ehrenmal. Fortan wurde dort auch der rund 120.000 im Zweiten Weltkrieg an Land und auf Meer gefallenen Soldaten der Deutschen Kriegsmarine sowie der im Krieg ums Leben gekommenen deutschen Seefahrer auf Handelsschiffen gedacht. Später auch der ab 1956 während Ausübung ihres Dienstes ums Leben gekommenen Soldaten der Bundesmarine. Erste Kritik am Ehrenmahl kam im Zuge der 68er-Bewegung auf. Stein des Anstoßes war vor allem der am Eingang zwischen den Opferzahlen der beiden Weltkriege angebrachte Satz „Sie starben für uns“. Die Diskussion ging soweit, daß der als Reise- und Kulturjournalist tätige Oberstudienrat Hannes Hansen 1986 forderte, „das Marine-Ehrenmal zu Laboe von dem amerikanischen Künstler Christo einpacken zu lassen“. Christo sollte dem stark an einen „Phallus“ erinnernden „Mordstrumm an der Kieler Förde“ ein überdimensionales Kondom überziehen. Der Künstler lehnte ab, und Hansen erhielt vom DMB ein lebenslanges Hausverbot, auf das er bis heute „besonders stolz“ ist. In den neunziger Jahren suchte der Vorstand des DMB im Zuge der sich ausbreitenden Political Correctness einen beratenden Historiker. Man einigte sich auf den der Kieler SPD angehörenden Fregattenkapitän a.D. Dieter Hartwig. Dieser, der nach eigenen Angaben während seiner aktiven Dienstzeit lieber im Funkraum anstatt in der Offiziersmesse schlief, wo „die anderen Offiziere und ihre Gäste dem Trunke zusprachen“, machte sich sofort an die Umwandlung des Ehrenmals. Das seiner Ansicht nach „im Geist des Revanchismus und Revisionismus der 1920er Jahre“ errichtete Denkmal wurde zum „Mahnmal für eine friedliche Seefahrt auf freien Meeren“ umfunktioniert. Vergangenen März nun äußerte der aktuelle historische Berater des DMB, Jann Markus Witt, weitere Umgestaltungspläne. Die bislang in der historischen Halle des Ehrenmahls gezeigte Geschichte der Deutschen Marine seit 1848 soll künftig teilweise einer Ausstellung über die Ursachen der beiden Weltkriege und der deutschen Schuld an diesen weichen (JF 13/07). Witt scheint dabei ganz in der Tradition seines Vorgängers Hartwig zu stehen. Dieser meinte im vergangenen Jahr in einem Aufsatz, „daß diese Gedenkstätte sich einem stetigen Wandel zu unterwerfen hat, um ihrem Auftrag gerecht werden zu können, Geschichte und aktuelle Wirklichkeit in Einklang zu bringen“. Foto: Gedenken im Inneren des Turms: Erinnerung an die Gefallenen
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