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Ein Querkopf tritt ab

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Ein Querkopf tritt ab

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Cato, Palmer, Exklusiv

Wenige Tage erst ist es her, daß mit der Post sein neuestes Buch eintraf: „Die Volksverdummer“ betitelte Franz Schönhuber das Werk, in dem der gestandene Journalist und ehemalige Republikaner-Vorsitzende persönliche Erfahrungen mit deutschen Medienleuten reflektiert. Seine Motivation, sich noch einmal publizistisch gegen die medialen Meinungsführer in diesem Land zu stemmen, erklärt er einleitend so: „Die letzten patriotischen Zeitzeugen treten bald ab. Deshalb bemühen sie sich in der ihnen verbleibenden Frist, die Mühlen der Lüge und Volksverdummung zum Stillstand zu bringen.“ Jetzt ist auch die gewichtige Stimme Franz Schönhubers verstummt. In der Nacht zum vergangenen Sonntag erlag er im Alter von 82 Jahren in seinem Wohnort am Tegernsee einer Lungenembolie infolge einer verschleppten Grippe. Schönhuber hinterläßt seine Frau Ingrid, mit der er in zweiter Ehe 41 Jahre verheiratet war. Aus der Ehe stammen eine Tochter und ein Sohn. Geboren wurde Franz Schönhuber am 10. Januar 1923 im oberbayerischen Trostberg als Sohn eines Metzgers und Viehhändlers. Nach dem Abitur in München meldete er sich 1942 als Freiwilliger zur Waffen-SS. Vierzig Jahre später wird er dazu schreiben: „Schon damals machte sich bei mir eine Eigenschaft bemerkbar, die mir auch später noch oft genug zu schaffen machte: eine ausgesprochene Ruhmsucht, etwas Besonderes, mit gewöhnlichen Sterblichen nicht Vergleichbares zu sein, den Viehhändlersohn zu verdrängen und die Herkunft durch besondere Leistungen zu kompensieren.“ Schönhuber kommt zur Leibstandarte-SS Adolf Hitler, nimmt unter anderem an Kämpfen auf Korsika teil und wird aufgrund seiner Sprachkenntnisse Ausbilder sowie Dolmetscher bei der französischen SS-Division Charlemagne. Vier Jahrzehnte später schilderte er diese Zeit ausführlich in seinem Buch „Ich war dabei“. Erstmals 1981 bei Langen Müller, München, erschienen, avancierte das Werk innerhalb kürzester Zeit zu einem Bestseller mit mehreren Auflagen. Allein bis zum Frühjahr 1982 sollen nach Archivquellen etwa 60.000 Exemplare verkauft worden sein. „Ich stand den Jusos näher als den eigentlichen Sozis“ Nach dem Krieg kehrt Schönhuber aus britischer Gefangenschaft erst im Juni 1946 nach Bayern zurück. Ein Spruchkammerverfahren der Alliierten im Rahmen der Entnazifizierung endet im Jahr darauf mit seiner Einstufung als Mitläufer und der Zahlung eines Sühnebetrags von 500 Reichsmark. Zu dieser Zeit hält Schönhuber sich mit Gelegenheitsarbeiten finanziell über Wasser. Er versucht sich als Schauspieler („Die Räuber“, „Des Teufels General“) auf kleinen Bühnen und kommt schließlich als Sportreporter der – wie sich später herausstellen sollte – von der KPD subventionierten Deutschen Woche zum Journalismus. Die politische Ausrichtung der Zeitung stört ihn damals ohnehin nicht. „Ich stand den Jusos näher als den eigentlichen Sozis“, bekannte er im April 1994 in einem Interview mit der JUNGEN FREIHEIT. Von da an geht es mit der Karriere steil bergauf: Schönhuber steigt kurzzeitig zum Chefredakteur des Münchner Boulevardblatts tz auf (1969/70), schreibt Kolumnen für die Illustrierte Quick und die ebenfalls in München erscheinende Abendzeitung. 1972 wechselt er zum Fernsehen. Der Intendant des Bayerischen Rundfunks, Reinhold Vöth, holte ihn zunächst als freien Mitarbeiter zum Sender. Nur drei Jahre später, 1975, beförderte er Schönhuber zum Leiter der Hauptabteilung „Bayern-Information“ und stellvertretenden Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens. Als Moderator der erfolgreichen Wirtshaussendung „Jetzt red‘ i“, in der Bürger bayerischen Politikern und Lokalhonoratioren auf den Zahn fühlen konnten, erlangte Schönhuber große Popularität. Er war Mitglied im einflußreichen Franzens-Club um CSU-Chef Franz Josef Strauß und stand an der Spitze des Bayerischen Journalistenverbandes (bis 1977), dessen Ehrenvorsitzender er bis zu seiner unrühmlichen Abwahl 1982 blieb. Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre raunten Neider und Kritiker Schönhubers im Bayerischen Rundfunk von seiner SS-Vergangenheit. In einer Art „Vorwärtsverteidigung“ entschloß sich der derart Angegriffene, sich nicht wegzuducken, sondern seine Zugehörigkeit zur Waffen-SS öffentlich zu vertreten. Als die Bekenntnisschrift „Ich war dabei“ 1981 erschien und prompt von der rechten National-Zeitung des Münchners Verlegers Gerhard Frey zum „Buch des Jahres“ gekürt wurde (wogegen sich Schönhuber zur Wehr setzte), waren die Reaktionen indes verheerend. Journalisten-Kollegen schnitten ihn fortan, Politiker, die bis dahin gern seine Nähe gesucht hatten, gingen auf Distanz, in der Münchner Schickeria rümpfte man die Nasen. Franz Schönhuber wurde in Rekordtempo zum Paria. Die Süddeutsche Zeitung wollte in dem Buch nur eine „unakzeptable Apologie mit vielen persönlichen Geschmacklosigkeiten“ erkennen, und die Münchner Journalisten-Union stellte sogar den Antrag, das Werk auf den Index jugendgefährdender Schriften setzen zu lassen. Dieses Ansinnen lehnte die Bundesprüfstelle jedoch im September 1982 ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte Schönhuber seine weitere Karriere im Journalismus (zeitweise war er sogar als Intendant des Bayerischen Rundfunks im Gespräch gewesen) bereits hinter sich. Im April 1982 hatte BR-Intendant Vöth das Arbeitsverhältnis von Schönhuber mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Offizielle Begründung: Trotz wiederholter Aufforderung habe Schönhuber nicht zwischen seiner Rolle als privater Buchautor und als Repräsentant des Bayerischen Rundfunks getrennt. Die öffentlichen Diskussionen um sein Buch hätten das Ansehen des Senders schwer geschädigt. Der um seinen Posten – und seine Reputation – gebrachte Schönhuber mußte durch mehrere Instanzen klagen. Am Ende stand eine hohe Abfindung und der Anspruch auf eine spätere Pension. Seinen Groll schrieb Schönhuber sich mit bissiger Feder und heißem Herzen in seinen beiden nächsten Büchern, „Freunde in der Not“ (1983) und „Macht“ (1984), von der Seele. Als die JUNGE FREIHEIT am Dienstag dieser Woche den Bayerischen Rundfunks um eine Stellungnahme zum Tod seines früheren leitenden Mitarbeiters bat, reagierte der Sender ausgesprochen kühl: Nein, eine offizielle Äußerung werde es nicht geben, teilte die Pressestelle auf Anfrage mit. Schönhuber sei „nur zehn Jahre“ beim Sender gewesen, und das sei schon 25 Jahre her. 1989 zogen die Republikaner ins Europaparlament ein Daß just in diesem Zeitraum auch die politische Landschaft in Bewegung geriet, war dann aus Schönhubers Sicht eine glückliche Fügung, fand er doch in der Parteipolitik ein neues Betätigungsfeld. So gehörte er im November 1983 zu den Gründungsmitgliedern der Republikaner. Diese neue Partei war von den beiden früheren CSU-Bundestagsabgeordneten Franz Handlos und Ekkehard Voigt aus Protest gegen den von Franz Josef Strauß eingefädelten Milliardenkredit an die marode DDR auf den Weg gebracht worden, um enttäuschten Unionsanhängern, die vor allem auch mit dem Ausbleiben der versprochenen „geistig-moralischen Wende“ nach dem Regierungsantritt Helmut Kohls haderten, eine Alternative zu bieten. Handlos, zunächst Vorsitzender der Republikaner, verließ die junge Partei jedoch nach Querelen um den Kurs bereits wieder im Mai 1985. An ihre Spitze trat nun Schönhuber. Unter dem Vorsitz des eloquenten Festzelt- und Wirtshausredners gewinnt die Partei bei den bayerischen Landtagswahlen im Oktober 1986 auf Anhieb überraschend drei Prozent der Wählerstimmen und liegt damit fast gleichauf mit der FDP (3,8 Prozent). Ihren Durchbruch erzielen die Republikaner dann im Januar 1989 in Berlin. Bei der Abgeordnetenhauswahl holen sie 7,5 Prozent der Stimmen und elf Mandate. Wütende Medienproteste sind die Folge. Noch im Mai schmückt der Spiegel sein Titelbild mit Schönhuber in herrischer Führerpose und der Schlagzeile „Der rechte Verführer“. Trotzdem gelingt den Republikanern bei den Europawahlen im Juni 1989 ein weiterer großer Erfolg. Mit bundesweit 7,1 Prozent (in Bayern sogar 14,6 Prozent) und sechs Abgeordneten, darunter Schönhuber, ziehen sie ins Europaparlament ein. Dort bilden sie zusammen mit dem französischen Front National und dem flämischen Vlaams Blok zeitweise eine gemeinsame Fraktion der Europäischen Rechten. Programmatische Defizite, wenig vorzeigbares Personal, innerparteiliche Auseinandersetzungen, Einflußnahmen durch Spitzel des Verfassungsschutzes und die ständigen Angriffe von außen beenden jedoch bald den Höhenflug und sorgen für eine Serie von Wahlniederlagen. Bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg kommen die Republikaner über 2,3 Prozent bzw. 1,9 Prozent der Stimmen nicht hinaus. Im Saarland verfehlen sie im Januar 1990 mit 3,3 Prozent den Einzug in den Landtag. Noch deutlicher scheitert die Partei bei den beiden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen (1,8 Prozent) und Niedersachsen (1,5 Prozent) im Mai 1990 an der Fünf-Prozent-Hürde. Von einem Ruhestand konnte bei ihm nie die Rede sein In den folgenden Monaten stürzen die Republikaner endgültig in eine tiefe Krise, von der sie sich auch nicht mehr erholen sollen. Je nach Lesart ist Schönhuber dabei Verursacher dieser Krise oder Unschuldslamm. Die Machtkämpfe werden jedenfalls so verbissen und unversöhnlich geführt, daß es nach einem ausgesprochen turbulenten Parteitag im niederbayerischen Rustorf de facto zur Spaltung der Partei kommt. Zahlreiche hochrangige Funktionsträger, darunter etliche Landesvorsitzende, kehren infolge dieser Auseinandersetzungen der Partei den Rücken, engagieren sich woanders oder ziehen sich ins Privatleben zurück. Zurück bleiben Schönhuber und seine Getreuen – und eine am Boden liegende Partei. Lediglich in Baden-Württemberg gelingt unter der Führung des dortigen Landesvorsitzenden Rolf Schlierer 1992 und 1996 noch einmal der Einzug in ein Landesparlament. Seit dem Ausscheiden aus dem Stuttgarter Landtag und weiteren personellen Aderlässen ist es inzwischen jedoch gänzlich still um die Republikaner geworden. Schönhuber selbst wurde bereits 1994 zur Aufgabe des Parteivorsitzes gedrängt, Schlierer zu seinem Nachfolger gewählt. Kurz darauf erklärte auch Schönhuber seinen Austritt, um sich in der folgenden Dekade vor allem als parteipolitisch unabhängiger Vortragsreisender zu betätigen und der politischen Publizistik zu widmen. Von einem Ruhestand konnte bei ihm nie die Rede sein. Er schrieb zahlreiche Bücher (darunter „Trotz allem Deutschland“, 1987; „Die Türken“, 1989; „In Acht und Bann“, 1995; „Die verbogene Gesellschaft“, 1996) und noch mehr Kolumnen für die von seinem einstigen Widersacher Harald Neubauer in Coburg herausgegebene Monatszeitschrift Nation & Europa. Später griff er auch für die National-Zeitung (von 1999 bis 2003) zur Feder und zuletzt für die NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme. Der NPD hatte sich Schönhuber nach ihrem Einzug in den Sächsischen Landtag im September 2004 als Berater in Medienfragen zur Verfügung gestellt. Als ihn die Partei in diesem Herbst für die überraschend im Bundestagswahlkampf verstorbene Dresdner NPD-Wahlkreiskandidatin Kerstin Lorenz nominierte, hatte er noch einmal einen großen Auftritt. Bei dieser letzten Wahl seines Lebens erhielt Franz Schönhuber 2,5 Prozent der Erststimmen. Seiner Bedeutung für die deutsche Nachkriegsrechte wird dieses Ergebnis freilich auch nicht annähernd gerecht. Stichwort: Stimmen zum Tod von Franz Schönhuber „Ungeachtet der Differenzen im Verlauf der letzten zehn Jahre werden die Verdienste und Leistungen des Verstorbenen stets in Erinnerung bleiben.“ Die Republikaner „Ich bin bestürzt und erschüttert über den überraschenden Tod Schönhubers. Und daß Schönhuber sein Lebenswerk nicht vollenden konnte. Bemerkenswert an ihm war sein umfangreiches historisches Wissen, seine internationalen Kontakte und sein Engagement als Autor.“ Ekkehard Voigt, Mitbegründer der Republikaner „Er hat mir wohl nie verziehen, daß ich nicht zu den Republikanern gegangen bin, trotz heftiger Überzeugungsversuche. Ich traf ihn in seiner Wohnung in München. Er war ein aufgeräumter und freundlicher Gastgeber. Später wurde er dann immer verbitterter. Das erklärt wohl auch seinen Weg zur NPD. Schade!“ Heinrich Lummer, Berliner CDU-Politiker „Franz Schönhuber verfügte über einen überaus klaren politischen Blick und eine feine psychologische Beobachtungsgabe. Jenseits aller Ämter und Funktionen war Schönhuber ein interessanter, zur Selbstreflexion und zum geistigen Tanz aus der Reihe befähigter Mensch.“ Deutsche Volksunion „Wir trauern um einen Mann, der in den letzten 20 Jahren wie kein zweiter die wechselvolle Geschichte der politischen Rechten in Deutschland geprägt hat. Zu den Stärken Schönhubers zählte die Fähigkeit, (…) Irrtümer zu revidieren und auf zeitweilige Kontrahenten versöhnlich zuzugehen.“ Harald Neubauer, Verleger von „Nation & Europa“ „Franz Schönhuber war nicht nur einer der erfolgreichsten Parteipolitiker der deutschen Rechten, er war auch ihr Grandseigneur und eine ihrer markantesten Galionsfiguren.“ Holger Apfel, NPD-Fraktionschef in Sachsen Franz Schönhuber (1923-2005) im Sächsischen Landtag: „Ich betrachte mich in Deutschland als für jeden Posten geeignet, inklusive jenes des Bundeskanzlers“ Im Rampenlicht Franz Schönhuber liebte es, der Mittelpunkt zu sein und im Rampenlicht zu stehen. Woran immer er zeitweise leiden mochte, falsche Bescheidenheit oder Unterlegenheitsängste gehörten nicht dazu. „Es mag bei mir Komplexe gegeben haben“, beschied er einst einen Interviewer, „aber einen Minderwertigkeitskomplex sicher nicht.“ Und auf die Frage, welche politische Position er als die ihm gemäße betrachte, antwortete er in demselben Zeit-Interview unbescheiden: „Ich betrachte mich in Deutschland als für jeden Posten geeignet, inklusive jenes des Bundeskanzlers.“ (tha)

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