DRESDEN. Die Bundesrepublik hat im Fall des mehrfach straffällig gewordenen Eritreers Kahlid O. faktisch kaiptuliert. Der abgelehnte Asylbewerber ist seit Jahren durch Messerattacken auffällig geworden, kann jedoch nicht abgeschoben werden. Stattdessen beschäftigt er Polizei, Justiz und inzwischen auch die Psychiatrie.
Bereits im April 2020 hatte O. drei Landsleute in einer Dresdner Unterkunft mit einem Messer attackiert. Ein Opfer wurde in Bauch und Brust gestochen, einem anderen wollte er die Klinge in den Hals rammen. Das dritte sprang in Panik aus dem Fenster. Bei seiner Festnahme trug der Täter drei Messer bei sich. Für die Taten wurde er zu vier Jahren Haft verurteilt. Die Strafe verbüßte er bis Juni 2024 – danach folgten weitere Delikte.
Die zuständige Staatsanwältin hat nun neue Fälle zur Anklage gebracht. Schwerster Vorwurf: versuchter Totschlag. O. soll bei einem Drogengeschäft mehrfach auf einen libyschen Dealer eingestochen haben. Das zwölf Zentimeter lange Messer durchbohrte eine Arterie. Eine Notoperation rettete dem Mann das Leben.
Migrant aus Eritrea kennt sein Alter nicht
Darüber hinaus geht es um besonders schwere räuberische Erpressung, Beleidigung und die Frage nach der Schuldfähigkeit. In der psychiatrischen Einrichtung sprach O. davon, Stimmen zu hören und äußerte die Vorstellung, andere könnten seine Gedanken lesen. Vor Gericht hingegen bestritt er, krank zu sein. Das Alter des Migranten, der seinen Geburtstag nicht kennt, schätzten deutsche Behörden auf rund 30 Jahre und bestimmten seinen Geburtstag auf den 1.1.1995.
Das Landgericht Dresden muß nun klären, ob der Angeklagte wegen einer paranoiden Schizophrenie in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht werden soll. Eine Abschiebung ist ausgeschlossen: Eritrea stellt keine Papiere aus, der Mann ist somit auf unbestimmte Zeit geduldet.
Nach der Haftentlassung schenkt ihm der Staat 1.600 Euro
Der Richter wollte laut einem Bericht in Bild vom Angeklagten wissen, weshalb er nicht in Italien Asyl beantragt habe. O. erklärte, er sei zunächst in den Sudan geflohen, dann über Libyen nach Europa gereist – mit dem ausdrücklichen Wunsch, nach Deutschland zu kommen. Der eigentliche Fluchtgrund: In Eritrea habe er gestohlen und deshalb Probleme mit den Behörden bekommen.
In Deutschland arbeitete O. nach eigenen Angaben nur zwei Monate in einer Bäckerei. Nach seiner Haftentlassung erhielt er 1.600 Euro Entlassungsgeld, das er in wenigen Tagen für Kleidung und Drogen ausgab. Als das Geld aufgebraucht war, meldete er sich bei der Polizei und bat um eine Krankenhauseinweisung. (rr)