BERLIN. Der Chef des Vereins Thüringer Verwaltungsrichter, Thomas Lenhart, hat vor einem „Personal-Kollaps“ und dem Scheitern der geplanten Asylrechtsreform gewarnt. „Wir haben allein im Verwaltungsgericht in Weimar für 2025 schon jetzt so viel Arbeit auf dem Tisch wie für ein ganzes Jahr“, zeigte er sich gegenüber der Bild-Zeitung alarmiert.
Schon jetzt seien die Gerichte völlig überlastet. Laut Lenhart ist der Fahrplan des EU-Asylsystems GEAS für das kommende Jahr so nicht zu stemmen. Dieser sieht vor, entsprechende Anträge binnen sechs Monaten zu bearbeiten. In Thüringen sei für 2026 allerdings mit Bearbeitungszeiten von bis zu zwei Jahren zu rechnen. Das Oberverwaltungsgericht in Sachsen benötigt nach eigenen Angaben aktuell etwa rund 16 Monate, um solche Klagen zu bearbeiten.
So rasant steigt die Zahl der Asylklagen
Eine Umfrage der Bild-Zeitung in den einzelnen Bundesländern bestätigt Lenharts Schilderungen. Allein von Januar bis März 2025 gingen fast 46.500 Klagen gegen Ablehnungsbescheide und Eilverfahren vor Gericht ein. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist das ein Anstieg um 67 Prozent.
Besonders dramatisch ist die Situation in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Die beiden Länder verzeichnen im ersten Quartal 2025 gegenüber dem Vorjahreszeitraum eine Zunahme von Asylklagen um 120 beziehungsweise 119 Prozent. Darauf folgt das Saarland mit 110 Prozent. An vierter Stelle steht Nordrhein-Westfalen. Dort trudelten die meisten Klagen gegen Ablehnungsbescheide ein – mehr als 10.000 an der Zahl. Von Januar bis März 2024 waren es rund 5.000 gewesen.
Anträge werden zu schnell bearbeitet
Grund für den explosiven Anstieg ist eine Maßnahme des Bundesinnenministeriums. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte etwa 1.000 neue Vollzeitmitarbeiter eingestellt. Dadurch werden Asylanträge nun schneller abgearbeitet – so schnell, daß die Gerichte mit den Widersprüchen gegen die Asylbescheide nicht hinterherkommen.
Die Vize-Chefin vom Bund Deutscher Verwaltungsrichter, Karoline Bülow, sieht für die EU-Regelung schwarz. „Viele Bundesländer werden es nicht schaffen, Asylverfahren innerhalb der geplanten Sechs-Monats-Frist zu erledigen“, gibt sie sich ernüchtert. (zit)