TÜBINGEN/LUDWIGSHAFEN. Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer hat es als „erstaunlich“ bezeichnet, daß über den Ausschluß des AfD-Kandidaten Joachim Paul von der Oberbürgermeisterwahl in Ludwigshafen „kaum berichtet“ werde. Auf Facebook schrieb er, Paul sei Landtagsabgeordneter – „dort also wählbar“, nicht aber in der Kommune. Überschrieben hatte Palmer seinen Beitrag mit „@Ruhe vor dem Sturm“.
Am 5. August hatten die Vertreter der übrigen Parteien im Wahlausschuß beschlossen, Paul die Kandidatur zu verbieten. Die AfD war bei der Bundestagswahl im Februar in der rheinland-pfälzischen Stadt auf Platz zwei gelandet. Paul wurden daher gute Chancen zugerechnet, in die Stichwahl einzuziehen. Grundlage bildete ein Verfassungsschutzgutachten, das Meinungsäußerungen Pauls zusammentrug, die angeblich dessen Rechtsextremismus belegen sollen. Andere fanden die Aussagen nicht zu beanstanden.
Palmer: Gründe für Pauls Auschluß nicht ersichtlich
Es sei bis heute nichts weiter als die Geheimdienst-Stellungnahme bekannt, die sich mit Zitaten des Abgeordneten befasse, formuliert Palmer: „Daraus rechtssicher einen Ausschluß von der Wahl herzuleiten – für mich nicht ersichtlich.“ Der 53jährige kritisiert: „Wenn mit solchen Argumenten ein Kandidat einer anderen Partei ausgeschlossen worden wäre, würde ein Sturm der Entrüstung durch das Land fegen.“ Bei der AfD sei das anders: „Da geht man davon aus, daß es rechtlich richtig ist, weil es politisch richtig scheint.“ Palmer schreibt, er halte „solche Doppelstandards“ für hoch gefährlich.
Joachim Paul hat inzwischen beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße eine einstweilige Anordnung beantragt, damit er als Kandidat für die Wahl am 21. September doch noch zugelassen wird. Der JF liegt die Klageschrift exklusiv vor. Palmer hält es für „wahrscheinlich“, daß der „AfD-Kandidat vor Gericht obsiegt“.
Wenn es so weit komme, habe die AfD „auch politisch gewonnen“, befürchtet Palmer. Denn damit werde ihr Argument bestätigt, „die ‘Systemparteien‘ beugten das Recht, um sie von der Macht fernzuhalten“. Palmer: „Demokratie verteidigen, indem man das Wahlrecht unrechtmäßig einschränkt, das kann schon logisch nicht gut gehen.“
„AfD-Verbotsverfahren auf keinen Fall riskieren“
Palmer berichtet, er selbst habe auch die Aufgabe, einen Wahlausschuß zu leiten: „Für gewöhnlich wird da über die Gültigkeit einzelner Stimmen entschieden. Kreuz noch eindeutig in der richtigen Zeile? Name eindeutig zuzuordnen? Es sind ehrenamtliche Gemeinderäte, die da entscheiden.“ Der Oberbürgermeister stellt in Frage, ob man „mit dieser Expertise“ einen Abgeordneten von der Wahl ausschließen könne: „Ich fürchte, das kann nicht gut gehen.“
Palmer sieht in dem Verfahren einen Vorboten dafür, „was ein gescheitertes Verbotsverfahren in Karlsruhe bedeuten könnte“. Gerade wer sich Sorgen wegen des Rechtsextremismus in der AfD mache, dürfe ein Verbotsverfahren auf keinen Fall riskieren: „Nach Karlsruhe kann man nur mit wasserdichten Beweisen, daß die Partei unser Grundgesetz überwinden will. Das sagt sie natürlich nicht öffentlich, wenn sie es plant. Der einzige Weg wären V-Leute, die das dokumentieren.“
In seinem Beitrag geht Palmer nicht auf den SPD-Abgeordneten und früheren Landtagsvizepräsidenten Daniel Born ein, der bei der Wahl eines AfD-Politikers Ende Juli ein Hakenkreuz auf den Stimmzettel schmierte, sein Mandat aber behält. Das tut unter dem Beitrag des Oberbürgermeisters ein anderer User: „Warum wird der SPD-Politiker für seinen Hakenkreuz-Stimmzettel nicht aus dem Landtag geschmissen? Der scheint es mit der Verfassungstreue nun wirklich nicht zu haben. SPD und Bündnis 90/Die Grünen sind die Antidemokraten. Ihr Verhalten gegenüber politisch Andersdenkenden ist so totalitär wie bei der SED zu Zeiten der DDR.“ (fh)