Die einen nennen ihn einen „Parteisoldaten“, der sich „spröde und trocken“ in jedes Thema einarbeiten könne und dabei seinen Job weitgehend unaufgeregt erledige. Die anderen bezeichnen ihn als „Opportunisten“, der sich für die politische Karriere jedem vorherrschenden Zeitgeist schnell anpasse und seine Politik stets nach den bestehenden Machtverhältnissen ausrichte.
Innerhalb seiner Partei jedenfalls gehen die Meinungen zu Johann Wadephul auseinander. „Jo ist ein politischer Überlebenskünstler. Einer, der niemals einen innerparteilichen Aufstand anführen würde und es versteht, sich am Ende von politischen Machtkämpfen stets auf der richtigen Seite einzureihen“, beschreibt ihn ein Parteifreund und Weggefährte aus seinem schleswig-holsteinischen CDU-Kreisverband Rendsburg-Eckernförde, den der 62jährige seit 2006 als Vorsitzender leitet.
Bald könnte „Jo“, wie ihn seine Parteifreunde nennen, eine weitaus größere Institution leiten. Denn der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist in einem möglichen Kabinett Merz als Bundesaußenminister im Gespräch.
Auch Laschet und McAllister sind im Gespräch
Daß er mit dem Chefposten im Auswärtigen Amt durchaus liebäugelt, machen schon seine Statements gegenüber den Medien klar, in denen er seine als Fraktionsvize festgelegte Zuständigkeit für Außen- und Sicherheitspolitik stets hervorhebt und betont, sich in diese Rolle gut eingearbeitet zu haben.
Sicher ist ihm der Posten jedoch keineswegs. Denn neben ihm sind auch der ehemalige CDU/CSU-Kanzlerkandidat und Ex-Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, Armin Laschet (64), sowie der einstige niedersächsische Ministerpräsident und heutige Europapolitiker David McAllister (54) für das Amt im Gespräch.
An politischer Erfahrung mangelt es dem verheirateten dreifachen Familienvater und gelernten Rechtsanwalt jedenfalls nicht. Wadephul trat bereits mit 19 Jahren in die CDU ein, wurde früh Kreisvorsitzender der Jungen Union Dithmarschen, später JU-Landesvorsitzender. Im Anschluß daran übernahm er das Amt des schleswig-holsteinischen CDU-Generalsekretärs, danach wurde er CDU-Landesvorsitzender. Hinzu kommen neun Jahre Tätigkeit als Landtagsabgeordneter. Dem Bundestag gehört der stellvertretende Vorsitzende der Hermann-Ehlers-Stiftung seit 2009 an.
Wadephul galt als treuer Anhänger Merkels
Wadephuls Problem: Während der Merkel-Ära galt der Oberstleutnant der Reserve als treuer Parteisoldat der Kanzlerin, später schlüpfte er auch in die Rolle eines loyalen Anhängers seines schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther, ehe er sich nach der Bundestagswahl 2021 zum Merz-Befürworter häutete.
Merkel jedoch gilt als Intim-Feindin von Merz, Günther wiederum als rotes Tuch für den ebenfalls bei der Kabinettsbildung mitredenden bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder.
Ein weiterer Punkt, der gegen den gebürtigen Husumer sprechen könnte: Wie Angela Merkel befürwortete Wadephul einst vehement den Bau der von Moskau vorangetriebenen Gaspipeline Nordstream 2, ehe er nach dem Überfall Rußlands auf die Ukraine die Fronten wechselte. Ein Umstand, der beim Transatlantiker Merz nicht unbedingt als Empfehlung für das Auswärtige Amt gewertet werden dürfte.