BERLIN. Der stellvertretende Grünen-Vorsitzende Sven Giegold hat die EU aufgefordert, Deutschland für die Zurückweisungen an den Grenzen zu bestrafen. In einem Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) verlangt der frühere Staatssekretär von Wirtschaftsminister Robert Habeck, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland zu eröffnen. Parallel hat er eine offizielle Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht.
„Nach meiner Erinnerung hat noch nie eine neue Regierung eines großen Mitgliedslandes mit der quasi ersten Amtshandlung den Bruch europäischen Rechts in Kauf genommen“, schreibt der 55jährige laut Tagesspiegel. Als Staatssekretär sei er für die Einhaltung des Europarechts federführend zuständig gewesen, nun beobachte er die Zurückweisungen mit großer Sorge.
Giegold sieht durch die Entscheidung, wer ins Land kommen darf und wer nicht, „die Grundlagen der Europäischen Union gefährdet“. Europarecht habe Vorrang vor dem nationalen Recht.
Grüner: Verletzung von EU-Recht
Insbesondere Zurückweisungen von Asylbewerbern an den deutschen Außengrenzen erfüllten das Kriterium der Nichtkonformität mit dem EU-Recht, argumentiert der Grünen-Politiker. „Diese Zurückweisung erfolgt systematisch und nicht etwa nur in Einzelfällen.“ Allerdings weist die schwarz-rote Bundesregierung im Tagesdurchschnitt weniger Migranten an den Grenzen zurück als die Ampel, wie eine JF-Recherche enthüllt.
Giegold behauptet, „die Europäische Kommission wurde gegründet, um die Einhaltung europäischen Rechts durch alle Mitgliedsstaaten zu überwachen“. Die Einhaltung europäischen Rechts müsse für alle Mitgliedsstaaten verbindlich sein, auch für die größten und einflußreichsten. „Auf diesem Prinzip beruht unsere Union“, schreibt Giegold.
An von der Leyen appelliert er abschließend: „Daher bitte ich Sie formal als deutscher Bürger und als Unionsbürger, gegen die Verletzung europäischen Rechts durch die Bundesrepublik Deutschland unverzüglich vorzugehen.“
Mit einem Vertragsverletzungsverfahren kann die EU-Kommission gegen EU-Rechts-Verstöße eines Mitgliedstaates vorgehen. Zuletzt hat sie dabei die Möglichkeit, den Europäischen Gerichtshof anzurufen, um ihre Rechtsauffassung durchzusetzen. (fh)