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Streit in Sachsen: Die CDU im Kampf gegen „allgegenwärtige linke Bevormundung“

Streit in Sachsen: Die CDU im Kampf gegen „allgegenwärtige linke Bevormundung“

Streit in Sachsen: Die CDU im Kampf gegen „allgegenwärtige linke Bevormundung“

Das Logo der AfD hinter einer Mauer. Die CDU hadert mit der Brandmauer in Sachsen.
Das Logo der AfD hinter einer Mauer. Die CDU hadert mit der Brandmauer in Sachsen.
Das Logo der AfD hinter einer Brandmauer: Die CDU in Sachsen ist in einer Sackgasse. Foto: picture alliance / ZB | Sascha Steinach
Streit in Sachsen
 

Die CDU im Kampf gegen „allgegenwärtige linke Bevormundung“

Die sächsische CDU hadert mit der Brandmauer zur AfD. Der Schatzmeister der Union im Freistaat, Matthias Grahl, spricht jetzt ganz offen darüber. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bundesspitze.
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In Sachsen bröckelt jetzt auch die zweite Brandmauer, hinter der sich die von Michael Kretschmer geführte Landes-CDU eingemauert hat. Hatte der Sachsen-Premier im Ringen um ein Mehrheitskabinett die Abgrenzung nach links, zum Bündnis Sahra Wagenknecht, persönlich trotz anderslautender Versprechen im Wahlkampf gekippt, so hinterfragen zunehmend Christdemokraten, ob die Doktrin der Abgrenzung gegenüber der AfD der eigenen Partei nicht wichtige Optionen nimmt.

„Wenn man schon vor Wahlen anfängt, Partner auszuschließen, verbessert das nicht die Verhandlungsspielräume der CDU“, sagte Matthias Grahl, Schatzmeister der Sächsischen Union, in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der in Dresden erscheinenden Sächsischen Zeitung.

Grahl plädiert für sachliche Debatten

Konkret geht es um die AfD. Eine Zusammenarbeit mit dieser „würde ich zumindest nicht ausschließen“, so der 54jährige Unternehmer aus Radeberg, der Geschäftsführer bei Metallbau Grahl GmbH in Wachau bei Dresden ist, seit 35 Jahren CDU-Mitglied und Fraktionsvorsitzender im Kreistag von Bautzen.

Die Sachsen-Union fordere in ihrem Wahlprogramm Vorrang für die Wirtschaft, preiswerte Energie und Eindämmung der illegalen Migration, erinnerte Grahl. Man hätte sich aber im Wahlkampf und auch später bei der Suche nach Koalitionspartnern überlegen müssen, „mit wem kann ich das umsetzen“. Er plädiere dafür, mit allen zu sprechen und „mit wem wir die größten Schnittmengen haben, mit denen müssen wir es dann auch umsetzen“, so der CDU-Politiker gegenüber der SZ: „Im Moment aber sagen wir, mit der AfD sprechen wir nicht, und im Gegenzug diktieren Linke, BSW, Grüne und SPD uns die Bedingungen. Diese Parteien stehen schließlich für alles, was in diesem Land schiefläuft.“

Die CDU wird zunehmend entkernt

Gleichzeitig bedauert Grahl den Wandel in der Mitgliederschaft der Sachsen-Union. Mehr und mehr Konservative würden die Partei nicht mehr als ihre Heimat betrachten und austreten. Und bei manchem, der jetzt in die CDU eintrete, „frage ich mich schon, warum er nicht eher in die SPD geht oder zu den Grünen“.

Grahl hatte bereits auf dem Sonderparteitag im Dezember den Koalitionsvertrag mit der SPD kritisiert und dafür gekämpft, diesen abzulehnen, „ansonsten beschließen wir hier einen Turbo für die AfD“. Und: „Es wird an jedem Vorhaben ein noch teureres linkes Preisschild hängen, weil wir ja damit Stimmen kaufen müssen“, sagte Grahl auf dem Parteitag: „So viel Selbstaufgabe war noch nie.“

Bereits Anfang November hatten sechs frühere CDU-Minister und Landräte, darunter Manfred Kolbe (Justiz) und Frank Kupfer (Generalsekretär), in einem offenen Brief an den Parteivorstand Gespräche mit der AfD gefordert: „Rund 30 Prozent der Sachsen haben die AfD gewählt und der Respekt vor den Wählern fordert, auch mit den von diesen gewählten Abgeordneten zu reden.“

Protest gegen die Brandmauer wächst

„Wir brauchen Brückenbauer und keine Brandmauern“, heißt es in dem Schreiben. Der politische Gegner dürfe, solange er keine Gewalt anwende, „nicht als Feind gesehen werden“. Nur durch inhaltliche Auseinandersetzung ließen sich eventuelle Vorurteile und Scheinlösungen entlarven. Auch sprachen sich die Unterzeichner gegen eine langfristige Zusammenarbeit mit SPD, Grünen und Linken aus. In einem späteren Schreiben protestierten dann auch ehemalige Repräsentanten der friedlichen Revolution wie der frühere Staatsminister Arnold Vaatz (einst Neues Forum), Ex-Landtagspräsident Matthias Rößler (einst Demokratischer Aufbruch) und der ehemalige Dresdner Oberbürgermeister Herbert Wagner (einst „Gruppe der 20“) gegen die von Kretschmer beabsichtigte Koalition mit dem BSW.

In dem Schreiben wurde darauf aufmerksam gemacht, daß sich bereits seit Jahren immer mehr Wähler gegen eine „allgegenwärtige linke Bevormundung“ aufbäumen und man mit Brandmauern die Wähler der AfD gewiß nicht zurück zur CDU führen werde, „im Gegenteil“.

Bautzen ist ein Vorbild

Die Union mache auf Bundesebene derzeit genau denselben „strategischen Fehler wie in Sachsen“, so Grahl im Interview. Indem ausgeschlossen werde, mit der AfD zu reden, fehle der CDU jedes Druckmittel in den Gesprächen mit anderen Parteien: „Ich plädiere nicht für eine Zusammenarbeit, indem man die AfD zum Partner der CDU erklärt, sondern für eine Orientierung an Sachfragen. Es ist doch nicht besser, das Falsche mit den vermeintlich „Richtigen“ zu machen als das Richtige mit den vermeintlich oder tatsächlich „Falschen“.

Im Landkreis Bautzen, wo Grahl für die CDU im Kreistag sitzt, wird das erfolgreich praktiziert. Dort arbeitet Landrat Udo Witschas (CDU) mit allen Parteien zusammen, „da alle demokratisch gewählt sind“. Das dürfe nicht verboten werden, er sei durch die Landkreisordnung sogar gesetzlich dazu verpflichtet, so Witschas gegenüber dem MDR Sachsen.

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Das Logo der AfD hinter einer Brandmauer: Die CDU in Sachsen ist in einer Sackgasse. Foto: picture alliance / ZB | Sascha Steinach
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