KARLSRUHE. Die Bundesanwaltschaft hat am 9. April Anklage gegen Jian G., einen ehemaligen Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah in Brüssel, erhoben. Er sei hinreichend verdächtig, in einem „besonders schweren Fall“ für einen ausländischen Geheimdienst gegen die Bundesrepublik Deutschland spioniert zu haben, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung.
G., ein gebürtiger Chinese mit deutschem Paß, hatte zwischen 2019 und 2024 im Brüsseler Büro von Krah gearbeitet. Der jetzige Bundestagsabgeordnete war seinerzeit EU-Parlamentarier. Nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft war G. aber bereits seit 2002 Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes. „Zu seiner geheimdienstlichen Tätigkeit gehörte ein breites Themenfeld auch auf deutschem Staatsgebiet und gegen in Deutschland aufhältige Personen.“
Seine Mitarbeiterfunktion bei Krah habe er genutzt, „um für den chinesischen Dienst Informationen zu Beratungen und Entscheidungen des Europäischen Parlaments zu sammeln“. Dabei habe er sich Zugang zu mehr als 500, teils besonders sensiblen Dokumenten verschafft. Er habe auch chinesische Dissidenten ausgespäht und sich dafür als Oppositioneller getarnt.
Krah: G. interessierte sich nicht für AfD-Interna
G. soll laut Bundesanwaltschaft auch Informationen über „führende AfD-Politiker“ zusammengetragen haben. Nach Informationen des Spiegel handelt es sich hierbei unter anderem um die Partei- und Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla. Die Dossiers hätten detaillierte Einschätzungen zu Rolle, Status und Stellung der beiden enthalten.
Krah gab gegenüber der Süddeutschen Zeitung an, G. habe keineswegs gezielt nach AfD-Spitzenpolitikern gefragt. „Er hat sich für Parteiinterna nicht so interessiert, er war ja zuständig für Außenhandel.“ Aber natürlich bekomme man als Mitarbeiter in einem Vier-Mann-Büro viel mit. Krahs Büro in Brüssel war im Mai 2024 durchsucht worden. Es handelte sich aber um eine Durchsuchung „bei Zeugen“; Krah ist selbst nicht Verdächtiger.
Chinese war den Sicherheitsbehörden länger bekannt
Der AfD-Mann sieht sich als Geschädigter in der Angelegenheit, wie er nun noch einmal gegenüber The Pioneer betonte. „Vielleicht war ich zu großzügig und zu blauäugig. Ich hätte diesem Menschen nicht vertrauen dürfen.“ Die jetzige Anklage bezeichnete er gegenüber der ARD als „logische Konsequenz der altbekannten Vorwürfe“. Zugleich warf er den Behörden vor, ihn jahrelang „pflichtwidrig“ nicht gewarnt zu haben. Gegenüber der JF äußerte sich Krah nicht.
Tatsächlich war G. den Sicherheitsbehörden bekannt, ohne daß sie Krah darüber informierten. Der Chinese hatte sich den Geheimdiensten nach Medienberichten selbst als Zuträger angeboten und soll beim sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz als Informant geführt worden sein. Zudem war er bis 2015 Mitglied in der SPD.
Chinesisches Außenministerium ist empört
Neben G. erhob die Bundesanwaltschaft auch Anklage gegen die chinesische Staatsangehörige Yaqi X. Auch sie wird der Agententätigkeit verdächtigt und war Ende September festgenommen worden. X. soll G. zugearbeitet haben, indem sie ihm wiederholt Informationen über Flüge, Fracht und Passagiere des Leipziger Flughafens übermittelte.
Die Chinesin war für ein Unternehmen tätig, das unter anderem am Flughafen Leipzig/Halle aktiv ist. Laut Bundesanwaltschaft betrafen die weitergegebenen Informationen „insbesondere den Transport von Rüstungsgütern sowie Personen mit Verbindungen zu einem deutschen Rüstungsunternehmen“.
Die Nachricht über die Anklagen erreichte am Mittwoch auch die chinesische Regierung in Peking. Der Sprecher des Außenministeriums, Guo Jiakun, wies die Vorwürfe scharf zurück. „Wir verlangen von Deutschland, daß es aufhört, China zu verleumden“, sagte er auf Nachfrage eines Journalisten. „Der Vorwurf einer angeblichen Bedrohung durch ‚chinesische Spione‘ ist bodenlos und eine böswillige Verunglimpfung.“ (ser)