HANNOVER. Mehr als 360 Mal sind seit vergangenem Oktober Polizisten in Deutschland zu Einsätzen gefahren, weil Personen zu dem 25 Jahre alten Techno-Hit „L’amour toujours“ die Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ gesungen haben. Die tatsächliche Zahl dürfte noch deutlich höher liegen, wie die Bild-Zeitung berichtet. Denn die Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland, aus der die Zahlen stammen, umfaßt nicht die Bundesländer Sachsen und Bayern.
Am häufigsten rückten die Beamten in Nordrhein-Westfalen aus. Insgesamt 96 Einsätze verzeichnete die Polizei hier zwischen November 2023 und Juni 2024. Auf Platz zwei liegt Mecklenburg-Vorpommern mit 45 Fällen. In einige Male nennt das Redaktionsnetzwerk auch Details: So wurde das Lied zweimal auf mecklenburg-vorpommerischen Schulhöfen gesungen, insgesamt zweimal in sozialen Netzwerken hochgeladen und in einem Fall von einer Schülerin während des Unterrichts in Sassnitz angestimmt.
Die registrierten Vorfälle ereigneten sich auf öffentlichen Festen, in Diskotheken, an Bildungseinrichtungen und auf privaten Feiern. Ob das öffentliche Singen der Parole tatsächlich strafbar ist, ist unklar. Um juristisch gesehen als „Volksverhetzung“ zu gelten, reiche es nicht aus, „Ausländer raus“ zu rufen, entschied der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit mehrfach.
„L’amour toujours“-Video sorgte für mediales Echo
Wie lange das Phänomen existiert, ist schwer zu sagen. Erstmals erfuhr es im November 2023 eine breitere mediale Aufmerksamkeit. Zuvor war ein Video vom Erntedankfest in der mecklenburg-vorpommerischen Ortschaft Bergholz aufgetaucht. Darauf war zu sehen, wie eine Gruppe junger Männer in einer Diskothek die Parole auf die Melodie des Liedes „L’amour toujours“ des italienischen Musikers Gigi D’Agostino singt. Bei einem der Anwesenden soll es sich um den Sohn des Bürgermeisters eines Nachbarortes gehandelt haben.
Das Video verbreitete sich im Netz, andere Nutzer erstellten Memes und Parodien. Große Aufmerksamkeit erregte das Phänomen im Mai, nachdem in sozialen Netzwerken ein Video aufgetaucht war, auf dem Partygänger einer Bar in Sylt die Parole zu dem Lied sangen. Die Aufnahmen sorgten für breite öffentliche Empörung.
Unter anderem veröffentlichte ein SPD-Politiker die Klarnamen der Personen im Internet. Einer auf dem Video zu sehenden Frau drohte die Exmatrikulation. (lb)