BERLIN. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat eine Abkehr der Feldjäger von deren Motto „suum cuique“ (Jedem das Seine) abgelehnt. Sie sehe „keine Veranlassung, dieses wertegebundene Identitätssymbol vom Truppengattungsabzeichen der Feldjägertruppe entfernen zu lassen“, sagte ein Ministeriumssprecher am Montag der Welt.
Der Spruch leitet sich vom preußischen Schwarzen Adlerorden ab, der 1701 gestiftet wurde und ist auf der Kleidung der Truppe aufgedruckt. Laut dem Verteidigungsministerium handelt es sich um einen antiken Rechtsgrundsatz, der „jedem das ihm Zustehende gewährt“. In diesem Sinne von Gerechtigkeit hebe das Motto auf das persönliche Verdienst des Ausgezeichneten ab.
Seit 1955 nutzen die Feldjäger den preußischen Gardestern mit der lateinischen Redewendung. Die Truppe knüpfe unmittelbar an „die ehrenvolle preußische Überlieferung an“, führte der Sprecher aus. Die Soldaten der Militärpolizei der Wehrmacht hätten den Ordensstern nicht verwendet. Für die Feldjäger bedeute die Wahl des Sterns mit der Inschrift „suum cuique“ einen bewußten Bruch mit der Militärpolizei im Dritten Reich und somit dem Nationalsozialismus.
Feldjäger-Kritik geht auf Antisemitismus-Beauftragten zurück
Hintergrund von Lambrechts Entscheidung ist die Kritik des Beauftragten der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein. Er hatte im Juni gefordert, von dem aus dem frühen 18. Jahrhundert abgeleiteten Wahlspruch abzurücken, der damals auch am Tor des Konzentrationslagers Buchenwald prangte.
„Auch wenn das Emblem der Feldjäger in Latein geschrieben ist und sich auf einen preußischen Orden bezieht, steht die Redewendung in Tradition der nationalsozialistischen Vernichtungspraxis“, hieß es in Kleins Brief an Lambrecht, über den die JF als erstes berichtet hatte. Es sei „höchst problematisch, daß ein Teil der deutschen Streitkräfte ein Motto hat, das den Nationalsozialisten als Todesformel diente“, begründete er seine Forderung.
Klein ging „kritische Auseinandersetzung“ nicht weit genug
Ausdrücklich lobte er im Juni den Traditionserlaß der Bundeswehr von 2018, in dem sich diese einer „kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit“ verpflichtet. Dem Antisemitismusbeauftragten ging dies allerdings nicht weit genug. Die im Nationalsozialismus verwendete Sprache dürfe nicht „reproduziert“ werden.
Der Ausspruch „Jedem das Seine“ ist neben seinem Gebrauch in der Bundeswehr auch ein wichtiger Begriff der antiken Philosophie. In seinem Hauptwerk „Der Staat“ leitet Platon mit diesem Grundsatz die soziale Gerechtigkeit ab. Er findet sich auch bei Aristoteles und vielen römischen Gelehrten an zentraler Stelle. Sinngemäß steht er auch im Neuen Testament bei Paulus (Galater VI, 5). In der Aufklärung erlebte der Spruch in Bezug auf individuelle Verdienste eine neue Bedeutung. In diesem Sinne wurde er auch in Preußen verwendet. (zit)