BERLIN. Die Zahl linker Gewalttaten ist 2020 im Vergleich zum Vorjahr Jahr um die Hälfte gestiegen. 2020 registrierten die Sicherheitsbehörden mehr als 1.520 solcher Fälle, ergab die am Dienstag vorgestellte Statistik über „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK) des Bundeskriminalamts (BKA). 2019 betrug die Zahl noch etwa mehr als 1.050.
Auch die rechten Gewalttaten wuchsen um rund elf Prozent auf rund 1.090 Fälle an. Die nicht zuzuordnenden Körperverletzungen und Tötungsdelikte kletterten um fast 50 Prozent nach oben. Die Fälle, die die Polizei unter den Kategorien ausländische oder religiöse Ideologie wertete, sanken um 68 und zehn Prozent. Mit 113 und 43 Fällen machen sie jedoch einen relativ kleinen Teil der 3.365 registrierten politisch motivierten Gewalttaten aus. Die Gesamtzahl liegt ungefähr im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre.
Insgesamt erreichten die politisch motivierten Straftaten mit rund 44.700 Fällen wie schon im Vorjahr einen neuen Höchststand. Den größten Teil machen die als „rechts“ gewerteten Delikte aus. Von den 23.600 Fällen waren allerdings mehr als 13.600 Propagandadelikte. Ohne diese machten die als „links“ eingestuften Straftaten etwas mehr aus.
Deutschen- und christenfeindliche Straftaten nehmen zu
Auch die Haßkriminalität, worunter Straftaten fallen, „die durch gruppenbezogene Vorurteile motiviert begangen werden“, nahm im vergangenen Jahr zu. Die Polizei registrierte 2020 mehr antisemitische wie auch ausländer- sowie fremdenfeindliche Taten. Deutlich gestiegen sind auch deutschenfeindliche Straftaten, die bei der PMK für 2019 erstmals gesondert ausgewiesen wurden. Deren Zahl nahm um fast 70 Prozent auf 222 Fälle zu. Die christenfeindliche Haßkriminalität wuchs um zehn Prozent auf 141 Taten.
Erstmals fanden Straftaten gegen die „geschlechtliche/sexuelle Identität“ (204 Fälle) Einzug in die Statistik. Auch Delikte im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gab das Bundeskriminalamt extra an. Hier registrierten die Behörden rund 3.560 Fälle, von denen jeweils rund ein Fünftel den Kategorien „rechts“ sowie „links“ und 60 Prozent „nicht zuzuordnen“ waren.
Deutlich gestiegen ist die Zahl der Straftaten gegen die Polizei. Sie nahm um 73,5 Prozent zu und kletterte fast auf 5.760 Fälle. Knapp die Hälfte (49,9 Prozent) davon machte die Kategorie „links“ aus. Auch die registrierten Fälle von „Haßpostings“ nahmen um mehr als 70 Prozent zu. Der Großteil entfiel hier auf die Kategorie „rechts“. Ebenso bei den „Straftaten gegen den Staat und seine Vertreter“ verzeichnete das BKA einen Anstieg um 50 Prozent.
Seehofer: „Rechtsextremismus bleibt größte Bedrohung für Sicherheit“
Politisch motivierte Kriminalität nimmt deutlich zu, insbesondere Gewalttaten. BM #Seehofer bei Vorstellung der #PMK2020: "Wir werden weiterhin mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen jede Form politisch motivierter Kriminalität vorgehen." pic.twitter.com/Jj2JSymKCG
— Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (@BMI_Bund) May 4, 2021
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte laut der Deutschen Presse-Agentur bei der Vorstellung der Statistik, daß der Rechtsextremismus „die größte Bedrohung für die Sicherheit in unserem Land“ bleibe. Die registrierte Zahl in dieser Kategorie sei die höchste seit Beginn der Erfassung 2001. Allerdings sei der „Extremismus in all seinen Formen“ eine Bedrohung für die Gesellschaft.
„Es gibt klare Verrohungstendenzen“, zeigte sich der CSU-Politiker besorgt. Die Zahlen seien „sehr beunruhigend“. Auch die Entwicklung während der Corona-Krise schlage sich in der Statistik nieder. Durch die Covid-19-Pandemie sei „eine Polarisierung der politischen Diskussion zu beobachten“, stellte Seehofer fest. „Es ist zu beobachten, daß der politische Diskurs in Gewalt überschlägt.“ (ls)