BERLIN. Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) hat für ihren Vorstoß zur Wiedereinführung der Wehrpflicht parteiübergreifend Ablehnung geerntet. Widerspruch erhielt sich auch aus den eigenen Reihen. So verfüge die Bundeswehr über „keine Unterkünfte, kein Material und auch keine Ausbilder“, sagte der SPD-Obmann im Verteidigungsausschuß, Fritz Felgentreu, der FAZ.
Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sprachen sich ebenfalls gegen eine neue Wehrpflicht aus, um so Rechtsextremismus in den Streitkräften vorzubeugen. „Die Wehrpflicht gehört zu den immer wiederkehrenden Themen und steht nicht im Zusammenhang mit der gefährdeten Demokratiefestigkeit einzelner Bereiche der Bundeswehr, die nie mit Wehrpflichtigen besetzt worden sind“, teilten sie laut Nachrichtenagentur dpa mit Blick auf Vorfälle in der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) mit. In den vergangenen Monaten war das KSK wegen angeblicher rechtsextremer Vorfälle und verschwundener Munition in die Schlagzeilen geraten. Das hatte die politische Diskussion über die Zustände innerhalb der Bundeswehr befeuert.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte am Samstag angekündigt, durch einen neuen Freiwilligendienst in der Bundeswehr Nachwuchs gewinnen zu wollen. Er solle neben einer sechsmonatigen militärischen Ausbildung einen ebenfalls sechsmonatigen Reservedienst umfassen. Zugleich wandte sie sich gegen den Vorschlag Högls. „Es geht nicht darum, einfach die Wehrpflicht alter Form wieder aufleben zu lassen.“
Unterstützung kommt von der AfD
Die FDP-Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann äußerte, Högl habe ihre Forderung wohl „aus dem Bauch“ getroffen. Zugleich erinnerte sie daran, daß die Mehrheit rechtsextremer Vorfälle in der Bundeswehr in der Vergangenheit auf Wehrdienstleistende zurückging. Högl hatte argumentiert, durch die Wiedereinführung der Wehrpflicht gegen Rechtsextremismus in der Truppe vorgehen zu können.
Zustimmung erhielt Högl vom verteidigungspolitischen Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Rüdiger Lucassen. Er bezeichnete ihre Idee als ersten sinnvollen Vorschlag der SPD seit Jahren. „Die Wehrpflicht dient nicht nur der Personalgewinnung und damit der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr, sondern garantiert in der Tat auch eine gesunde Mischung an Soldaten aus allen Schichten und Regionen unseres Volkes. Sie verankert die Streitkräfte in unserer Gesellschaft“, schrieb er auf Facebook.
Der Reservistenverband zeigte sich erfreut über die Debatte. Allerdings sei eine Neuauflage der Wehrpflicht zur Extremismusabwehr falsch. „Es wäre ein Fehler, die Wehrpflicht überstürzt wieder einzuführen, weil man ein Konzept braucht. Da geht es um Infrastrukturmaßnahmen, Ausbildungskapazitäten – und es würde eine gehörige Summe Geld kosten“, warnte der Vorsitzende des Verbandes, André Wüstner, gegenüber dem SWR. Die Wehrpflicht war 2011 unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden. (ag)