Hamburg im Ausnahmezustand. Nachdem sich linksextreme Gewalttäter bereits im Rahmen ihrer„Welcome to Hell“ -Demonstration heftige Straßenschlachten mit der Polizei lieferten, gehen die Krawalle auch am Freitag mit unverminderter Härte weiter. Am frühen Freitag morgen setzen Linksautonome in der Innenstadt zahlreiche Autos in Brand, zünden Mülltonnen an, schlagen Fensterscheiben ein. Am Nachmittag versuchen Tausende linksradikale Demonstranten, das Gelände der Elbphilharmonie zu stürmen.
Gegen 15 Uhr sammeln sie sich am U-Bahnhof St. Pauli, nahe der Reeperbahn, des Millerntorplatzes und des Heiligengeistfeldes. Unter ihnen zahlreiche sogenannte Linksautonome, die gemeinsam mit Demonstranten der „Gobalisierungskritiker“-Organisation Attac in Richtung Hafen strömen. Immer mehr Gewalttäter aus dem „Schwarzen Block“ vermummen sich, schmeißen Mülleimer auf die Straßen, lockern Pflastersteine, schmeißen Flaschen in Richtung der Polizisten.
Rauchbomben fliegen, Böller detonieren
Läuft eine Hundertschaft an ihnen vorbei, wird es laut. „Haut ab“, ,„Ganz Hamburg haßt die Polizei“ und „Scheiß Bullenstaat BRD“, rufen von Extremisten aufgestachelte Demonstranten den Beamten haßerfüllt entgegen. Steine und Flaschen fliegen. Ein älterer Mann aus der Generation der Alt-68er läuft auf die Uniformierten zu, schlägt einem gegen den Helm.
Rauchbomben fliegen, Böller detonieren, Glasflaschen klirren. Einige Vermummte schmeißen Bierflaschen gegen die Glasfassaden von Geschäftshäusern. Es beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel durch die Gassen von St. Pauli. Kneipenbesucher aus dem Rotlichtbezirk betrachten die Szenerie aus den geöffneten Fenstern, applaudieren den Gewalttätern.
Über einige der Straßen sind Transparente mit Anti-G20-Parolen gespannt. „Against Global Arschgeigenism“ steht auf einem von ihnen geschrieben. „Die kesseln uns ein“, schreit jemand aus dem Schwarzen Block. Blitzartig geben sich die Extremisten untereinander Kommandos, ihre Gruppenführer heben die Hände, sammeln ihre Leute. Weitere Schwarzgekleidete beginnen, sich Masken vor Gesicht und Nase zu schieben.
Polizisten erleiden Kreislaufzusammenbruch
Dann geht alles ganz schnell. Die Vermummten laufen los, wollen aus dem Kessel. Sie drängen vom Tropeninstitut in der Bernhard-Nocht-Straße hinunter auf die Hafenstraße. Sie werfen Straßenschilder um, schmeißen sie auf die Straße. Sie zünden Rauchbomben, demolieren Autos und Geschäfte. „Warten und den Schwarzen Block vorlassen“, schreit einer aus der Demonstrantenmenge. Immer mehr der Extremisten strömen zu den Landungsbrücken, laufen in Richtung Elbphilharmonie. Dort versperrt die Polizei den Krawallmachern den Weg.
Stillstand. Tausende Demonstranten füllen nun die Hafenstraße. Wasserwerfer fahren auf, die Polizei bringt Panzer- und Räumfahrzeuge in Stellung. Mehrere Hubschrauber kreisen über den Landungsbrücken, Polizeisirenen ertönen im Dauerrhythmus. Zu ihnen gesellen sich die Sirenen von Rettungsfahrzeugen. Einige Polizisten haben in der Hitze einen Kreislaufzusammenbruch erlitten. Viele sind seit 20 Stunden im Dauereinsatz, müssen in ihrer schweren Schutzkleidung neben Schmährufen, Stein- und Flaschenwürfen auch mit den hohen Temperaturen klarkommen.
Der Bahnverkehr in der Innenstadt ist inzwischen eingestellt, zahlreiche Menschen sitzen stundenlang fest. Selbst Pressevertretern mit gültiger Akkreditierung für den G20-Gipfel verweigern die Beamten den Durchgang. Busse und Taxis fahren nicht. Das quirlige Leben an den Landungsbrücken ist vollständig zum Erliegen gekommen. Die Kneipen und Fischbuden haben ihre Türen verschlossen. Demonstranten in Schlauchbooten kreuzen auf der Elbe umher. Einige von ihnen schreien Anti-Globalisierungs-Parolen ins Megaphon.
Polizei setzt Wasserwerfer ein
„Auf die Gleise, wir müssen auf die Gleise“, flüstern sich Leute aus dem Schwarzen Block zu. Vor dem Eingang zur U- und S-Bahnstation Landungsbrücken versperrt ein Gitter den Zugang. „Wir können das aufbrechen“, sagt einer der Linksextremisten. „Hab ich schon gecheckt“, das geht nicht so einfach. „Wenn wir alle zusammen dran rütteln, kriegen wir das rausgerissen.“ Wenige Minuten später ist das Gitter zerstört. Polizisten marschieren auf, sichern das Tor.
Über Lautsprecher kommt die Durchsage, die Demonstranten mögen die Straße räumen, dies sei die letzte Warnung der Polizei. Unbeteiligte würden nach dieser Warnung als Störer angesehen. Hohn und Gelächter brandet auf. Dann ertönt ein Brummen. Eine Gischt schießt aus mehreren Wasserwerfern in Richtung der Krawallmacher. Die antworten mit Pflasterstein-Würfen auf die Beamten und deren Einsatzfahrzeuge. Reiterstaffeln der Polizei kommen zum Einsatz, die Demonstranten ziehen sich in Richtung Seewartenstraße zurück. Vermummte Extremisten sammeln sich dort auf einer Brücke, bewerfen die darunter stehenden Polizisten erneut mit Steinen, setzen Autos in Brand.
Weitere Demonstranten harren am Baumwall aus, stacheln sich gegenseitig mit Schmährufen und -gesängen gegen Staat und Polizei an. Unbeteiligte Passanten fragen, wie sie nach Hause kommen können. Ausländische Touristen und Geschäftsleute wenden sich verängstigt an Polizisten, wollen wissen, ob Gefahr für sie bestehe und wie sie sich in Sicherheit bringen können. Viele sitzen zur Stunde noch immer in Cafés und Restaurants fest. „Im Moment geht hier nichts mehr“, meint ein Anwohner nahe der S-Bahnstation Stadthausbrücke. „Das ist hier im Moment wie ein Schlachtfeld“, fügt er noch mit einem gequälten Lächeln hinzu.