MÜNCHEN. Der frühere CSU-Chef Edmund Stoiber hat vor einer Überforderung des deutschen Asylsystems gewarnt. Die Bereitschaft, zehntausende Flüchtlinge aus Ungarn aufzunehmen, sei auch in sicheren Herkunftsländern als Einladung verstanden worden, nach Deutschland zu kommen und sich ein besseres Leben zu suchen, sagte Stoiber der Bild.
„Das kann unser Asylrecht beim besten Willen nicht leisten. Wir haben viel zu lange zugeschaut, daß unsere Außengrenzen in Südeuropa nicht mehr existieren.“ Ohne ein einheitliches Asylsystem in Europa werde Deutschland im kommenden Jahr an seine Integrationsgrenze stoßen.
Stoiber sprach sich jedoch dagegen aus, osteuropäische Länder per Quote zur Aufnahme von Asylsuchenden zu zwingen. „Ich halte das für einen europapolitischen Irrweg. Eine unkontrollierte Zuwanderung ohne Abstimmung mit den anderen EU-Ländern kann nicht funktionieren. Wir können nicht Solidarität einfordern und die Länder gleichzeitig vor vollendete Tatsachen stellen.“ Deutschland solle sich hüten, den Osteuropäern vorzuschreiben, wie sie zu leben hätten.
Deutsche haben eine gewachsene Leitkultur
Die Einwanderung werde die Bundesrepublik nachhaltig verändern, gab der frühere bayerische Ministerpräsident zu bedenken. „Wenn darüber gesprochen wird, daß sich Deutschland verändert, dann muß eines klar sein: Wir Deutsche haben eine gewachsene Leitkultur, die auch im Grundgesetz festgeschrieben ist: Toleranz, Presse- und Religionsfreiheit und zum Beispiel unser Verhältnis zu Israel. Diese Leitkultur des Grundgesetzes kann nicht zur Disposition stehen – ganz gleich, wie viele Zuwanderer zu uns kommen.“
Anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei er auch nicht der Meinung, daß der Islam zu Deutschland gehöre. „Ich mache mir diesen Satz nicht zu eigen“, erläuterte Stoiber „Die Muslime gehören zu Deutschland, nicht der Islam. Der Islam ist kein Kernbestand der deutschen Kultur und prägt auch nicht unsere Geistesgeschichte und Tradition.“ (krk)