ZÜRICH. Die deutsche Sozialwissenschaftlerin Necla Kelek hat scharfe Kritik am Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts geäußert. „Für mich ist dieser Entscheid ein Schlag ins Gesicht aller muslimischen Mädchen, die ein selbstbestimmtes Leben führen wollen“, schrieb Kelek in einem Gastbeitrag für die Neue Zürcher Zeitung.
„Die Entscheidung ist lebensfremd, weil sie vorgibt, tolerant gegenüber Religionen zu sein, dabei aber den Schutz von Frauen und Kindern vernachlässigt.“ Die Karlsruher Richter hatten das Kopftuch für Lehrerinnen an Schulen erlaubt, wenn der Schulfrieden darunter nicht leide.
Manifest der Apartheid
Kelek sieht in der Entscheidung eine Stärkung der „konservativen und reaktionären Kräfte im Islam, die behaupten, das Kopftuch sei die einer muslimischen Frau angemessene oder vorgeschriebene Kleidung“. Das Kopftuch ist aus Sicht der Islamkritikerin mittlerweile „längst das Manifest der Apartheid, ein besitzanzeigendes Stück Stoff geworden“.
Das Kopftuch im öffentlichen Leben sei für den konservativen Islam „von enormer Bedeutung, symbolisiert es doch die Akzeptanz der ungleichen Behandlung von Männern und Frauen durch die westliche Gesellschaft“, warnte Kelek.
Am Wochenende hatte bereits der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Hans-Jürgen Papier, das Urteil angegriffen. „Der vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigte Weg erscheint mir alles in allem nicht als Lösung des Problems, sondern als denkbare Ursache von Problemen“, sagte er der Welt. (ho)