Bei der Europawahl ist es durch den Wegfall der Drei-Prozent-Hürde auch sieben kleinen Parteien gelungen, ins EU-Parlament einzuziehen. Die JUNGE FREIHEIT stellt ihre künftigen Abgeordneten und ihre wichtigsten Ziele vor.
Die Partei
Wähler: 184.525 – 0,6 Prozent
EU-Abgeordneter: Martin Sonneborn
Die Partei (Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative) wurde 2004 aus der Satirezeitschrift Titanic heraus gegründet. Ihr erstes Ziel war der Wiederaufbau der Mauer. Mittlerweile beschränkt sich die Partei jedoch auf Witze über CDU, AfD und NPD.
Spitzenkandidat Martin Sonneborn arbeitete bereits für den Spiegel und das öffentlich-rechtliche Fernsehen und war Chefredakteur der Titanic. Er forderte unter anderem den Bau einer Mauer um die Schweiz und eine Faulenzerquote in Führungspositionen der europäischen Wirtschaft.
In Interviews kündigte Sonneborn nun an, sein Mandat in Brüssel nach einem Monat aufzugeben und dafür andere Parteimitglieder nachrücken zu lassen: „Der Plan ist, 60 verdiente Parteifreunde nach Brüssel zu schicken. Wir machen jetzt seit zehn Jahren Politik, das ist die Belohnung für ihre nationale Arbeit hier: gut dotiert, 33.000 Euro, Freiflüge, Bahncard und Kilometergeld.“
NPD
Wähler: 300.815 – 1,0 Prozent
EU-Abgeordneter: Udo Voigt
Die NPD wurde 1964 gegründet und scheiterte 1969 mit 4,3 Prozent nur knapp am Einzug in den Bundestag. Danach versank die Partei lange Zeit in der Bedeutungslosigkeit. Seit 2004 beziehungsweise 2006 ist die Partei in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern vertreten.
Spitzenkandidat war der ehemalige Parteichef Udo Voigt. Aufgrund von linksextremen Attacken war der Wahlkampf für die EU-Wahl nur eingeschränkt möglich. 2012 verurteilte das Landgericht Berlin Voigt wegen Volksverhetzung zu einer Geld- und Bewährungsstrafe.
In einer ersten Reaktion gab Voigt an, Gespräche mit anderen Parteien über eine gemeinsame Fraktion im EU-Parlament führen zu wollen. Im Wahlkampf forderte die NPD unter anderem einen Ausstieg aus dem Euro und die Rückholung der deutschen Goldreserven.
ÖDP
Wähler: 185.119 – 0,6 Prozent
EU-Abgeordneter: Klaus Buchner
Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) wurde 1982 als konservativ-ökologische Alternative zu den Grünen gegründet. Ihre Hochburgen hat die Partei vor allem in Bayern. Zuletzt sorgte die Partei mit ihrer Klage gegen die Drei-Prozent-Hürde bei der EU-Wahl für Aufsehen.
Für die Partei wird der 73 Jahre alte Atomphysiker Klaus Buchner nach Brüssel gehen. Als Schwerpunkt gab er an, sich für die Energiewende einzusetzen. „Das Gelingen der Energiewende durch den dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien ist alternativlos.“
Im Wahlkampf forderte die Partei den Erhalt des Euro und einen Ausstieg aus dem Euro-Rettungsschirm ESM. Zudem sprach sich die Partei für ein einheitliches EU-Asylrecht aus und das Verbot von gentechnisch veränderten Pflanzen.
Piraten
Wähler: 424.510 – 1,4 Prozent.
EU-Abgeordnete: Julia Reda
Die Piratenpartei wurde 2006 gegründet. In den Blick der Öffentlichkeit geriet die Formation allerdings erst nach ihrem Einzug in die Landtage von Berlin, Schleswig-Holsten, Nordrhein-Westfalen und des Saarlands. Danach konnte die Partei nicht mehr an ihre Erfolge anknüpfen.
Im Parlament werden die Piraten von der 27 Jahre alten Politikwissenschaftlerin Julia Reda repräsentiert. In einer ersten Reaktion nach der Wahl forderte sie ein engeres Zusammenrücken der „demokratischen Parteien“ gegen die „Rechten“ im EU-Parlament.
Ziel der Partei im EU-Parlament ist die Schaffung einer EU-Regierung, die Bekämpfung von Diskriminierung sowie ein durchlässigeres Asylsystem. Die Partei will die EU-Grenzschutzagentur Frontex abschaffen.
Familienpartei
Wähler: 202.871 – 0,7 Prozent
EU-Abgeordneter: Arne Gericke
Die Familien-Partei wurde 1981 in Bayern gegründet und hat ihre Hochburgen vor allem in Süddeutschland. Bislang gelang es ihr nicht, bei Landtagswahlen in ein Parlament einzuziehen. Bei bundesweiten Wahlen erreicht die Partei im Durchschnitt ein Prozent der Stimmen.
Spitzenkandidat Arne Gericke erhielt 2012 den Preis „Spitzenvater des Jahres“ unter der Schirmherrschaft des Familienministeriums und lebt mit seiner Frau und sieben Kindern (davon drei Pflegekinder) in Rostock. Die Partei beschreibt sich selbst als „freiheitlich-demokratische Partei der politischen Mitte“.
Im Wahlkampf sprach sich Gericke für mehr direkte Demokratie sowie die Einführung einer europäischen Bürgerinitiative aus. Hauptthema ist allerdings die Familienpolitik. Hier fordert die Partei ein stellvertretendes Wahlrecht der Eltern für ihre Kinder und die Abschaffung aller EU-Gesetze, die Familien einseitig belasten.
Partei Mensch Umwelt Tierschutz
Wähler: 366.303 – 1,2 Prozent
EU-Abgeordneter: Stefan Eck
Die Tierschutzpartei wurde 1993 gegründet und kann seit ihrer Gründung auf stetig steigende Wählerzahlen zurückblicken. Hochburg ist unter anderem Berlin. Im politischen Spektrum verortet sich die Partei nach eigenen Angaben „sehr weit links“.
Ins EU-Parlament zieht für die Partei der Werbekaufmann und bekennende Veganer Stefan Eck ein. Sein Thema: „Wer die Lebenssituation kennt, in der sich ein großer Teil der Weltbevölkerung und Milliarden Tiere befinden, wer über die dramatische Zerstörung der Umwelt informiert ist, darf nicht länger schweigen.“
Im Wahlkampf forderte die Partei ein striktes Verbot von Tierversuchen, Stierkämpfen, Hunderennen, dem betäubungslosen Schächten sowie der Tierhaltung in Zirkussen. Ziel ist „der tierfreie ökologische Landbau“ sowie ein schnelleres Verbot von rechtsextremen Parteien.
Freie Wähler
Wähler: 428.524 – 1,5 Prozent
EU-Abgeordnete: Ulrike Müller
Der Bundesverband der Freien Wähler ging aus zahlreichen zum Teil bereits seit den fünfziger Jahren bestehenden lokalen Wählervereinigungen hervor. In mehreren Bundesländern sind die Freien Wähler kommunal verankert. In Bayern sitzt die Partei seit 2008 im Landtag.
Während die kommunalen Verbände mit fast allen Parteien koalieren, hat sich die Parteispitze in den vergangenen Jahren vor allem mit ihrer Kritik an der Euro-Rettung profiliert. Spitzenkandidatin war die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion im bayerischen Landtag, Ulrike Müller.
Konkret sprechen sich die Freien Wähler für EU-weite Volksentscheide, die Einführung eines Verfallsdatums für EU-Gesetze sowie die Wahl der EU-Kommissare durch das EU-Parlament und den Ausschuß der Regionen aus.