WIESBADEN. Hessen wird als erster deutscher Flächenstaat eine schwarz-grüne Regierung bekommen. In der Nacht zu Dienstag einigten sich die beiden Parteien auf einen Koalitionsvertrag. „Der Vertrag steht“, sagte CDU-Landeschef Volker Bouffier dem Hessischen Rundfunk. „Wir sind um kurz nach drei Uhr fertig geworden“, gab der Grüne Verhandlungsführer Tarek Al-Wazir über den Kurznachrichtendienst Twitter bekannt.
Als Prüfstein der Verhandlungen erwies sich der Haushaltsplan für die kommende Legislaturperiode. Hessens Bürger hatten sich in einem Volksentscheid 2011 für ein Verbot von Neuschulden ab dem Jahr 2020 ausgesprochen. „Wenn es gelingt, wird es das erste Mal nach fünfzig Jahren sein, daß keine neuen Schulden gemacht werden“, sagte Al-Wazir vor den Verhandlungen.
Keine Einsparungen in der Integrationspolitik
Der Koalitionsvertrag soll am Mittwoch der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Der Zeitplan der künftigen Koalitionspartner sieht am Sonnabend eine Absegnung des Vertrags durch die Parteigremien vor. Einen Tag vor Heiligabend soll die Unterzeichnung stattfinden. Während die Grünen möglichst früh eine Festlegung anstreben, hält sich Bouffier in Personalfragen bedeckt.
Klar ist nur, daß Bouffier Ministerpräsident bleibt. Al-Wazir übernimmt das bisher von der FDP geführte Wirtschaftsministerium, das auch für Landesentwicklung zuständig ist. Auch das Umweltministerium fällt an die Grünen. Zusätzlich wird im Sozialministerium eine Staatssekretärsstelle für Integration und Antidiskriminierung geschaffen. Mitte Januar soll die neue Regierung ihre Amtsgeschäfte aufnehmen.
Einsparungen dürfte es vor allem in der Hochschulpolitik geben. So soll die öffentliche Förderung der Elite-Universität EBS in Wiesbaden gänzlich entfallen. Von Sparmaßnahmen verschont bleibt dagegen die Integrationspolitik. Neben der Schaffung einer Antidiskriminierungsstelle seien auch regelmäßige Konferenzen geplant, hieß es aus Grünen-Kreisen.
Bisher nur gescheiterte Versuche
Nach der gleichzeitig zur Bundestagswahl abgehaltenen Wahl zum Hessischen Landtag hatte die CDU zwar ihren Stimmenanteil um 1,1 Prozent auf 38,3 Prozent verbessern können, jedoch mußte der bisherige Koalitionspartner FDP eine herbe Wahlschlappe hinnehmen. Die Liberalen stürzten von 16,2 auf fünf Prozent ab. Die Grünen verloren knapp zweieinhalb Prozent und kamen auf 11,1 Prozent.
Bisher gab es auf Länderebene nur in Hamburg eine schwarz-grüne Koalition, die von 2008 bis 2010 regierte. Das Saarland besaß von 2009 bis 2012 eine schwarz-gelb-grüne Regierung, eine sogenannte Jamaika-Koalition, die sich noch vor Ende der regulären Legislaturperiode auflöste. (FA)