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Vereinte Nationen: Hauptsache devot

Vereinte Nationen: Hauptsache devot

Vereinte Nationen: Hauptsache devot

Vereinte Nationen
 

Hauptsache devot

Die Versammlung des Uno-Menschenrechtsrat gegen Deutschland geriet zum politischen Kabarett: Der Iran bemängelte die Islamophobie, Nordkorea die eingeschränkte Versammlungsfreiheit und Nicaragua sorgte sich um die Straßenkinder in Deutschland.
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Die Uno-Paläste in Genf, wo die Weltorganisation sich mit der globalen Menschenrechtslage befaßt, sind für Deutschland noch niemals gute Orte gewesen. Nach dem Ersten Weltkrieg tagte dort der Völkerbund, der die im Versailler Vertrag festgeschriebene Niederhaltung und Ausplünderung Deutschlands zu verstetigen suchte.

Seine Mittel waren Heuchelei, Doppelstandards und Gewaltandrohung. In den fünfziger Jahren fanden in Genf mehrere Deutschland-Konferenzen der zerstrittenen Siegermächte des Zweiten Weltkriegs statt, die sich in einem Punkt allerdings einig waren: Deutschland sollte weiterhin geteilt bleiben!

Politisches Kabarett um Menschenrechte

Letzte Woche versammelte sich im „Palais des Nations“ der Uno-Menschenrechtsrat, um den Vertreter der Bundesrepublik ins Gebet zu nehmen. Die Veranstaltung geriet zum politischen Kabarett: Der Iran bemängelte die Islamophobie in Deutschland, Nordkorea die eingeschränkte Versammlungsfreiheit. Rußland, Weißrußland und Usbekistan kritisierten die Gewaltexzesse der Polizei. Nicaragua sorgte sich um die Straßenkinder, Kuba um die Armen und Bahrain um die Zigeuner in Deutschland.

Der türkische Vertreter nutzte seine Hypothesen zum mutmaßlichen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), um Maßnahmen gegen Fremdenfeindlichkeit zu verlangen und die Forderung nach der doppelten Staatsangehörigkeit zu bekräftigen. Auch die Verbündeten mochten sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: Die Amerikaner forderten Maßnahmen gegen Neonazis, und der britische Diplomat sinnierte über einen „institutionellen Rassismus“, der die NSU-Morde begünstigt habe.

Ein entleerter Begriff rechtfertigt noch jeden Krieg

Und der Vertreter der Bundesrepublik? Markus Löning, Beauftragter für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Fragen – kurz: Menschenrechtsbeauftragter –, statt Kontra zu geben, präsentierte sich reuig, lernbereit, unterwürfig. Klar, die Veranstaltung war lächerlich und doppelzüngig, der Menschenrechtsrat erwies sich als Witz, und Lönings Devotheit ist eine BRD-typische Eigenschaft. Doch darin erschöpfte die Farce sich nicht.

Da ist zunächst die fatale Kodifizierung und Funktionalisierung der „Menschenrechte“. Sicher, eine Welt, welche die „Menschenrechte“ glatt leugnete, wäre furchtbar. Die „Menschenrechte“ gehören zu den universellen Begriffen, die als Ideal, als Leitstern und regulative Idee unverzichtbar sind und im Konfliktfall eine letzte Schranke setzen. Sie jedoch innerhalb einer politisch, rechtlich, kulturell und religiös fragmentierten Welt in den Alltag zu holen, als einklagbares Recht womöglich, macht die Welt nicht besser, sondern entleert den Begriff und erniedrigt ihn zur politischen Waffe, mit der sich selbst Hungerblockaden, Kriege und Flächenbombardements rechtfertigen lassen.

Forderung an Deutschland nach einem Gesinnungsstrafrecht

Der Westen war damit lange erfolgreich. Nun haben sich Rußland und die Dritte-Welt-Staaten, der Belehrungen aus Deutschland, dem Musterschüler des Westens, müde, eine kleine Retourkutsche geleistet. Ein Sonderfall ist die Türkei, die gegenüber Deutschland eine klare Interessenpolitik betreibt. Sie hat den – aus ihrer Sicht begreiflichen – Wunsch, den Bevölkerungsexport fortzusetzen, ihn in Deutschland mit Sozialleistungen versehen zu lassen und politisch als fünfte Kolonne zu etablieren. Dafür nutzt sie auch die Vereinten Nationen.

Zu dieser Strategie gehört die Forderung des Antirassismus-Ausschusses der Uno an die deutschen Behörden, Thilo Sarrazin rechtlich zu belangen, was auf ein Gesinnungsstrafrecht hinausläuft. Hinter der Forderung steht der Türkische Bund in Berlin. Die amerikanische und britische Kritik an Deutschland ist als Hinweis zu verstehen, daß dieser Kurs auf der Linie angelsächsischer Eine-Welt-Konzepte liegt. Wenn die Teilnahme an einer derartigen Farce sich schon nicht vermeiden läßt, ist es die Pflicht eines Politikers, namens seines Staates die Würde zu wahren.

„Die Ehrfurcht der Gegner für den überlegenen Geist“

In seinem Nachruf auf Außenminister Walther Rathenau schildert Stefan Zweig, wie dieser 1922 vor den tribunalartig versammelten Vertretern der Siegermächte die vorbereiteten Fragen aus dem Stegreif parierte, und zwar über Stunden und in der jeweiligen Landessprache. „Als die Sitzung aufgehoben war, sahen alle im Saale auf, es war jener unwillkürliche Augenblick der Ehrfurcht, den der Gegner für den überlegenen Geist empfindet.“

Statt einen Rathenau bietet die Bundesrepublik Guido Westerwelle und Markus Löning auf: eine Größe aus der kleinen Berliner FDP, die 2009 ihr Bundestagsmandat verlor und einen Versorgungsposten benötigte. Das Amt des Menschenrechtsbeauftragten war 1998 von der rot-grünen Bundesregierung eingeführt worden, als Kompensation für den gleichzeitigen Beschluß, an der Bombardierung Serbiens teilzunehmen. Lönings Aufgabenbereich im Auswärtigen Amt ist unscharf definiert. Er kann nichts beschließen und trägt für nichts Verantwortung, darf aber überall seine Meinung beisteuern. Zu seinen Amtsvorgängern gehört typischerweise Claudia Roth. Die politische Negativauswahl ist eindeutig strukturell bedingt.

Eingesperrt in ein inneres Versailles

Teil des Bedingungsgefüges ist die grassierende Hypermoral, die aus Angst vor dem Politischen entstandene Neigung, Außenpolitik nicht als Interessenkampf konkurrierender Mächte, Kulturen, Religionen aufzufassen, sondern als die Pflicht zu solidarischer Familienmoral, ausgeweitet auf die „Menschheit“. Eingesperrt in diesem ideologischen Gefängnis – einem inneren Versailles – ist die deutsche Politik wehrlos gegenüber anderen Staaten, die damit rechnen können, daß jeder noch so absurde Vorwurf zu moralischer und in der Folge zu politischer und finanzieller Nachgiebigkeit führt.

Die Veranstaltung in Genf hat also bloß bestätigt, was alle relevanten Kräfte außerhalb Deutschlands wissen.

JF 19/13

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