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ESM-Vertrag: Widerstand ist möglich

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ESM-Vertrag
 

Widerstand ist möglich

Der nunmehr final gefaßte Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM darf nicht kommen. Er kann keine Alternative sein. Jetzt müssen wir Bürger die Entmachtung des Parlaments verhindern. Ein Kommentar von Beatrix von Storch.
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Schirm mit Euromünzen: Deutschland bürgt nicht nur, sondern muß auch zahlen Foto: Pixelio/Kurt F. Domnik

Der nunmehr final gefaßte Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM darf nicht kommen. Er rettet den Euro keineswegs, er verzögert die notwendigen Reformmaßnahmen und vergrößert so das Schuldenproblem um Hunderte von Milliarden Euro, wenn denn nicht gar um die schon von IWF-Chefin Christine Lagarde geforderte Größenordnung von tausend Milliarden Euro. Wir haben nur die Wahl zwischen einem Ende mit Schrecken und einem Schrecken ohne Ende. Niemand behauptet, der Schrecken bliebe aus. Nur die – wenngleich auch immer kleiner werdende – Front der überzeugten Euro-Retter will uns weismachen, die Schuldenunion käme uns billiger und sei alternativlos. Es gibt Alternativen. Die sind auch billiger.

Der ESM-Vertrag jedenfalls ist keine Alternative. Er schafft unmittelbar drohende Zahlungsverpflichtungen von zunächst einmal etwa 167 Milliarden Euro, auf deren Entstehen der Bundestag keinerlei Einfluß hat. Das bedeutet nichts anderes als die Beendigung unserer parlamentarischen Demokratie, wenn man darunter versteht, daß die demokratisch gewählten Parlamentarier auch noch etwas zu entscheiden haben und nicht dazu verdammt sind abzuwarten, wieviel Geld übrigbleibt, nachdem die gesamte Euro-EU sich bei uns bedient hat.

Es wird nicht nur gebürgt, sondern gezahlt

Geschäftsführer des ESM ist ein Direktorium aus Personen mit „großem Sachverstand im Bereich Wirtschaft und Finanzen“ (Artikel 6). Daneben besteht der Gouverneursrat, quasi der Aufsichtsrat, aus den Finanzministern der Euro-Länder (Artikel 5). Das anfängliche Volumen des ESM beträgt 700 Milliarden Euro (Artikel 8), von denen aber „nur“ 80 Milliarden in bar eingezahlt werden müssen (22 Milliarden von Deutschland, also etwa das Doppelte aller Ausgaben für Bildung und Forschung im Jahr 2012), der Rest sind „nur“ Bürgschaften (167 Milliarden von Deutschland). Davon zu unterscheiden ist das „Ausleihvolumen“ von „nur“ 500 Milliarden Euro, die der ESM dann tatsächlich an Krediten vergibt, wobei diese Summe – so steht es schon im Vertrag – unmittelbar nach Absegnung durch die Parlamente, aber noch vor Inkrafttreten des Vertrages erhöht werden soll.

Man wird also jetzt landauf, landab immer von „ESM gleich 500 Milliarden“ hören und davon, daß Deutschland ja „nur“ 22 Milliarden tatsächlich einzahlen muß. Und davon, daß, wenn Deutschland mehr einzahlen muß, immer der Bundestag zustimmen muß – eindeutig eine Lüge: Wenn die EU-Kommission und die EZB feststellen, daß die Euro-Krise nun besonders dramatisch ist, dann tritt das Eilverfahren in Kraft (Art. 4 ) und dann wird – anders als sonst – Hilfe direkt aus den bar eingezahlten 80 Milliarden geleistet. Es wird dann also nicht „nur“ gebürgt, sondern gezahlt.

Expertengremium entscheidet über deutsche Zahlungsverpflichtungen

Und dann greift Artikel 9: Das Direktorium des ESM kann nämlich das genehmigte, aber eben bar noch nicht eingezahlte Kapital (also 167 Milliarden Euro für Deutschland) abrufen, um die Höhe des eingezahlten Kapitals (also 22 Milliarden Euro im Fall Deutschlands) „wiederherzustellen“. So zahlen wir nach den 22 Milliarden „Begrüßungsgeld“ auch unsere angebliche „Nur-Bürgschaftssumme“ in bar. Der Bundestag muß dem nicht einmal mehr zustimmen, denn er hat ja das „Kapital genehmigt“, das sind die anfänglichen 700 Milliarden. Ob wir 167 Milliarden zahlen, entscheidet das Direktorium des ESM, also eine Gruppe international erfahrener Wirtschafts- und Finanzexperten.

Weil es so wichtig ist nochmal: Sollte der ESM, wie schon der EFSF, Probleme am Markt haben und es nicht schaffen, ganz schnell Kredite aufzunehmen, für die wir ja „nur“ bürgen, und ein Land (oder eine Bank in einem Land!) fürchterliche Geldnot haben, dann wird bar bezahlt, und dann werden aus unseren „Nur-Bürgschaften“ sofort unmittelbare Bargeldtransfers.

Umfassende gerichtliche Immunität der Beteiligten

Zustimmen muß der Bundestag wohl nur, wenn Wolfgang Schäuble ermächtigt werden soll, als Mitglied des Gouverneursrates eine Erhöhung des Volumens des ESM über die 700 Milliarden Euro hinaus zu billigen. Weitere unannehmbare Regelungen folgen hier: Der ESM und alle Beteiligten genießen umfassende gerichtliche Immunität. Die Archive des ESM und sämtliche Unterlagen sind unverletzlich (also geheim). Die Geschäftsräume sind unverletzlich. Das gesamte Eigentum des ESM ist von allen Beschränkungen, Verwaltungsvorschriften, Kontrollen und Moratorien jeder Art befreit. Der ESM ist von jeglicher Zulassungs- oder Lizenzierungspflicht, die sonst zum Beispiel für Kreditinstitute gelten, befreit (Artikel 32 und 35). Die Bediensteten des ESM sind von der Zahlung nationaler Einkommensteuer befreit (Artikel 36).

Wer der Meinung ist, der ESM-Vertrag dürfe nicht verabschiedet werden, wer der Meinung ist, daß Demokratie heißt, das Parlament entscheidet über den Haushalt und nicht der Finanzminister, wer der Meinung ist, daß internationale Finanzexperten nicht 167 Milliarden Euro aus dem deutschen Haushalt abrufen dürfen, der sollte sich der Kampagne der „Zivilen Koalition“ anschließen und dies auf dem Weg der Internetseite „Abgeordneten-Check“ seinem Bundestagsabgeordneten mitteilen. Man kann etwas tun. Man muß es nur tun!

JF 6/12

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Beatrix von Storch ist Rechtsanwältin und Sprecherin der Bürgerinitiative „Zivile Koalition“

> www.abgeordneten-check.de

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